Die Werkrealschulen in Ludwigsburg forcieren eine Umwandlung in Gemeinschaftsschulen, denn diese sind für Eltern offenbar attraktiv. Der starke Zulauf provoziert aber auch Probleme: nicht nur in der Barockstadt wird der Platz knapp.

Ludwigsburg - Noch wird in der ehemaligen Pestalozzischule am Ludwigsburger Schulcampus gehämmert und gebohrt. Das Gebäude wird fit gemacht für die erste Gemeinschaftsschule der Barockstadt, los geht’s im September – und schon jetzt steht fest: der Platz wird nicht reichen. 115 Schüler drängen auf die neue Schule, die damit fünf Eingangsklassen bilden kann, zwei mehr als kalkuliert. „Es freut uns, dass die Gemeinschaftsschule so großen Anklang findet“, sagt Renate Schmetz, die Leiterin des Fachbereichs Bildung im Rathaus. „Aber das bedeutet auch: Wir müssen uns um einen zweiten Standort Gedanken machen.“

 

Gedanken hat man sich auch an der Hirschbergschule im Stadtteil Eglosheim gemacht. Einst hatte die Werkrealschule eine Umwandlung zur Gemeinschaftsschule abgelehnt, auch deshalb wählte Ludwigsburg eine ungewöhnliche Lösung. Während die meisten Kommunen im Land ihre Gemeinschaftsschulen auf der Basis von bestehenden Werkrealschulen aufbauten, wurde in der Barockstadt eine ganz neue Schule gegründet. Jetzt setzt in den Werkrealschulen ein Umdenken ein. Nur elf Kinder haben sich zum nächsten Schuljahr in Eglosheim angemeldet, zu wenig, um eine Klasse bilden zu können. „Das zeigt deutlich, dass die Werkrealschule nicht mehr lange überleben kann“, sagt die Leiterin Carmen Rückert.

Die ideologischen Grabenkämpfe sind vorerst vorüber

Rückert blickt pragmatisch auf die Lage – sie wurde erst nach den Grabenkämpfen um das Für und Wider einer Umwandlung zur Rektorin. Und sagt: „Für Eglosheim wäre es ein großer Verlust, wenn es hier keine weiterführende Schule mehr geben würde.“ Kürzlich hat der Stadtteilausschuss daher einen Antrag zur „Einrichtung einer Gemeinschaftsschule an der Hirschbergschule“ gestellt, der Gemeinderat wird sich demnächst damit befassen. Das Problem: eben dieses Gremium hat einst entschieden, dass Gemeinschaftschulen in Ludwigsburg mindestens dreizügig sein müssen, weil sonst später zu wenige Schüler übrig bleiben, um eine Oberstufe zu bilden.

An der Hirschbergschule ist diese Vorgabe nicht umsetzbar, das Gebäude ist zu klein. „Ich habe trotzdem Verständnis und eine gewisse Sympathie für das Ansinnen“, sagt der Oberbürgermeister Werner Spec. „Wir sollten das nicht schroff abweisen, sondern die Argumente genau prüfen.“

Die Stadt prüft Standorte für neue Schulen

Geprüft werden indes auch andere Standorte. In der Oststadt werden demnächst zwei Werkrealschulen zusammengelegt, und das dortige Gebäude wäre groß genug, um darin eine Gemeinschaftsschule unterzubringen – es gibt dort bereits entsprechende Bestrebungen, genau dies zu tun. „Dass momentan jede Werkrealschule einen Versuch in diese Richtung unternimmt, ist ja nur logisch“, sagt Schmetz.

Das gilt für Ludwigsburg wie für das gesamte Land. Zehn Gemeinschaftsschulen gibt es im Kreis Ludwigsburg, fünf neue kommen bald hinzu, rund 950 Schüler haben sich zum kommenden Schuljahr angemeldet. Die zehn verbliebenen Werkrealschulen verzeichnen lediglich 82 Neuanmeldungen.

Der starke Zulauf führt freilich nicht nur in Ludwigsburg zu Problemen. Auch die Gemeinschaftsschule in Möglingen platzt aus allen Nähten, ebenso die Glemstalschule in Schwieberdingen – sie muss deswegen sogar neun Kinder abweisen. In diesem Schuljahr wurden fünf Eingangsklassen mit 120 Schülern gebildet. Das hatte Anfang des Jahres zu heftigen Vorwürfen vor allem der Hemminger Vertreter im Gemeindeverwaltungsverband geführt, die nur eine dreizügige Schule wollen. Künftig dürfen deshalb nur noch maximal 112 Anmeldungen angenommen werden.

Die Gebäude platzen aus allen Nähten

Der Beschluss schreibt zudem vor, nach welchen Kriterien Kinder zugelassen werden. Für das kommende Schuljahr wird davon aber teilweise abgewichen. Mehrere Schüler aus Eberdingen wurden abgewiesen, weil der Ort zwar über keine weiterführende Schule mehr verfügt, aber über gute Busverbindungen zur Vaihinger Gemeinschaftsschule. Zugelassen wurden stattdessen zwölf Markgröninger Kinder. „Markgröningen wäre prädestiniert für eine weitere Gemeinschaftsschule“, sagt der Hemminger Bürgermeister Thomas Schäfer auch mit Blick auf die dortige Werkreal- und Realschule. „Vielleicht gibt es nach Bekanntwerden der Zahlen ja ein Aha-Erlebnis dort.“

Auch das Staatliche Schulamt sieht die Notwendigkeit, im Bereich Markgröningen, Asperg und Tamm eine weitere Gemeinschaftsschule zu etalieren, um die Schulen im Umfeld zu entlasten. Für die Stadt Ludwigsburg zeichne sich darüber hinaus „langfristig der Bedarf von zwei Gemeinschaftsschulen ab“.

Carmen Rückert hofft, dass es dabei nicht bleibt – denn dann steigen die Chancen, dass ihre Hirschbergschule doch noch umgewandelt und gerettet werden kann. „Wir gehen davon aus, dass es Potenzial für noch mehr Gemeinschaftsschulen in Ludwigsburg gibt“, sagt sie.