Das Amtsgericht verhängt eine Bewährungsstrafe gegen einen 29-Jährigen, der die Notlage Hilfloser ausnutzt. Der Rettungsassistent bestiehlt meist alte Kranke und steckt Bargeld und Schmuck ein. So will er seine Spielsucht finanzieren.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Dennis P. (Name von der Redaktion geändert) ist einer von denen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit kommen, wenn andere Menschen Hilfe brauchen. Das ist sein Job. Dennis P. und seine Kollegen kümmern sich um gestürzte Senioren, um Menschen im Zuckerschock oder Unfallopfer. Dennis P. ist Rettungsassistent, genauer: er war es. Denn seit aufgeflogen ist, dass der heute 29-Jährige bei seinen Einsätzen nicht nur Hilfe leistete, sondern auch Wertgegenstände mitgehen ließ, ist er arbeitslos. Sein Arbeitgeber beendete das 2009 begonnene Arbeitsverhältnis nach Bekanntwerden der Vorfälle.

 

Zwölf Taten legt ihm die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift und bei dem Prozess vor dem Ludwigsburger Amtsgericht zur Last. Elf Mal habe er in Privatwohnungen, Altenheimen, betreuten Wohneinrichtungen, einmal bei einem Discothekeneinsatz Schmuck und Bargeld gestohlen. Immer waren seine Opfer Menschen, die sich in einer Ausnahmesituation befanden und wehrlos waren. Ein weiteres Mal soll er während eines Besuches bei einem Arbeitskollegen dessen Mutter Schmuckstücke aus dem Badezimmer gestohlen haben. Im August 2011 beginnt die Serie, die Anfang 2013 endet. Das Amtsgericht verurteilt Dennis P. wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu zwei Jahren auf Bewährung.

Schmuck und Bargeld eingesteckt

In Remseck, Ludwigsburg, Kornwestheim, Hemmingen und Gerlingen stiehlt 29-Jährige. Die Taten folgen einem Muster. So steckt Dennis P. Schmuckstücke ein, die frei zugänglich in den Wohnungen liegen. Manchmal aber lässt er sich auch, wenn der Kranke schon im Rettungswagen liegt, noch einmal den Schlüssel aushändigen, um in die Wohnung zurückzukehren. Er gibt vor, noch den Arztbrief vom letzten Krankenhausaufenthalt suchen zu müssen. Oder er sagt, einen Schlüssel oder sein Mobiltelefon in der Wohnung vergessen zu haben. Nach Überzeugung des Staatsanwaltes durchsucht er in den Minuten, die er allein in den Wohnungen oder Zimmern ist, die Schränke nach Wertsachen oder Bargeld. Was er findet, sind für seine Opfer, die meist über 70 Jahre alt sind, Erinnerungsstücke, deren Wert sich nur schwer in Euro wiedergeben lässt. Aber auch so beträgt der Schaden mehrere Tausend Euro.

Nach dem Motiv Dennis P.’s fragen bis zum Schluss der Verhandlung weder die Richterin noch der Staatsanwalt. Dennis P.’s Anwalt nennt es und verliest ein Attest. Dennis P. sei von Pubertät an spielsüchtig, befinde sich bereits in Therapie. Er habe versucht, durch die Diebstähle seine Kreditraten abzuzahlen.

Dennis P. ist seit langem spielsüchtig

Vom Gerlinger Polizeirevier kommt der Beamte, der die Ermittlungen geführt hat. Eine Anzeige hat alles ins Rollen gebracht. „Viele Verdachtsmomente sprachen gegen P.“, erinnert sich der Beamte. Er schaute Einsatzprotokolle durch, sprach mit der Führung der Einsatzzentrale in Ludwigsburg – und durchsuchte schließlich Dennis P.’s Wohnung in Bietigheim. Dort fand die Polizei Ringe und andere Schmuckstücke. Dennis P. gestand auch Diebstähle, die man ihm sonst nicht hätte nachweisen können. Insofern glaubt ihm der Beamte, dass er wirklich reinen Tisch machen will.

Dennis P. bleibt aber auch am Montag vor Gericht dabei, dass nur die Hälfte der zwölfTaten auf sein Konto gehe. Auch kommt der entscheidende Hinweis auf den Juwelier, an den er seine Beute verkauft hat, von ihm, bevor die Polizei dafür einen Beweis hatte. 6000 Euro erlöste er durch den Verkauf an den Ludwigsburger Händler. Einen Teil der Beute konnte die Polizei den Besitzern zurückgeben. Vieles war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits eingeschmolzen.

In sechs Fällen wird das Verfahren eingestellt. Die zweijährige Bewährungsstrafe muss Dennis P. nutzen, um seine Therapie weiter zu machen. Außerdem muss er 120 Stunden Sozialarbeit leisten. Die Sozialprognose sei günstig, so die Richterin. Dennis P. ist in Begleitung seiner Freundin und deren Vater vor Gericht erschienen.