Der Andrang der Viertklässler an den Gymnasien im Kreis Ludwigsburg ist größer geworden. Dennoch verzeichnen manche Schulen einen Rückgang.

Ludwigsburg - Freude schöner Götterfunken: ein sattes Plus von 27 Schülern bei den aktuellen Anmeldezahlen sorgt dafür, dass das Friedrich-Schiller-Gymnasium (FSG) in Ludwigsburg im kommenden Herbst fünf fünfte Klassen einrichten kann. Gepunktet habe man – laut Elternbefragung – „mit dem ganz normalen Profil“, meint jedoch prosaisch der Rektor Klaus Arnold. Dass sich die Kinder nach der fünften und nach der siebten Klasse für eine Fremdsprache entscheiden können, komme bei vielen Familien gut an. Zwei Drittel der Anmelder hätten außerdem das tolle Erscheinungsbild der Schule beim Tag der offenen Tür gelobt: „Wir sind eine sehr lebendige Schule.“

 

Da werde den Eltern eben der neue und topmodern mit interaktiven und anklickbaren Smartboards (die neue Form der Tafeln) ausgestattete Fachklassentrakt vorgeführt, klingt beim stellvertretenden Schulleiter des benachbarten Mörikegymnasiums, Werner Fechter, etwas Neid durch: „Davon würde ich mich auch beeindrucken lassen.“ Schließlich muss seine Schule, die ihr Profil mit Angeboten in Bildender Kunst schärft, auf die anstehende Sanierung wohl noch einige Jahre warten: „Wir sind als allerletzte dran.“ Mit 99 angemeldeten Schülern bleibt die Situation am Mörike dennoch relativ konstant. Ob und wie sich der Wegfall der verpflichtenden Grundschulempfehlung auswirke, wage er jetzt noch nicht zu sagen, so Fechter: Auf welchem Niveau sich die Neuen befänden, könne man erst in einigen Monaten beurteilen: „Mir wäre es lieber, wir wüssten mehr Details über ihre bisherige Leistung.“

Der Andrang wächst

Der Andrang der Viertklässler an den Gymnasien im Kreis Ludwigsburg ist in diesem Frühjahr zwar spürbar höher als in den vergangenen Jahren – aber mit nur drei Prozent deutlich geringer, als viele Schulleiter und Eltern durch die Neuerung befürchtet hatten. Insgesamt haben sich bis Ende März 2214 Schüler für die fünften Klassen der 18 Gymnasien im Kreis beworben, im vergangenen Jahr waren es 2148. Der Anstieg hat zur Folge, dass 80 fünfte Klassen eingerichtet werden, unterm Strich zwei mehr als bisher.

Besonders auffällig sticht das Schillergymnasium in Marbach heraus. Mit einem Plus von 31 Schülern liegt es im Kreis an der Spitze – bei 313 Anmeldungen ein Zuwachs von stolzen zehn Prozent. Die Schule liegt damit deutlich über den drei Prozent, um die die Anmeldezahlen im Landesdurchschnitt gestiegen sind. Doch der Schulleiter Günter Offermann relativiert den Befund. Das bewege sich noch „im völlig normalen Rahmen“.

Marbach ist die einzige G9-Schule

Die Marbacher ist die einzige Schule im Landkreis, die statt Turbozug herunterbremsen darf. Und siehe da: von den 313 Bewerbern wollen sich 228 (73 Prozent) lieber neun Jahre Zeit lassen bis zum Abitur. Offermann richtet daher im kommenden Schuljahr voraussichtlich elf fünfte Klassen ein, acht für G9-Schüler, drei G8-Klassen und eine Klasse für Hochbegabte. Dieses Verhältnis sei für ihn übrigens überhaupt nichts Neues. Schon vor acht Jahren habe er G8- und G9-Klassen nebeneinander gehabt. Das funktioniere problemlos, sagt der Schulleiter. Die Erlaubnis, G9 anzubieten, habe übrigens keine Magnetwirkung erzeugt. Die Schüler kämen alle aus dem üblichen Einzugsgebiet der Schule. Dies sei zu erwarten gewesen, denn G9 solle den Jugendlichen ja einen Zeitgewinn bringen. Wenn sie aber von weit her zum Unterricht anreisen würden, dann schlügen sie die gewonnene Zeit in Bus oder Bahn wieder tot.

An den beiden Gymnasien in Vaihingen/Enz verläuft die Entwicklung genau entgegengesetzt: Während das Friedrich-Abel-Gymnasium um zwölf Schüler zulegt und dadurch eine Klasse mehr einrichten kann, muss das Stromberg-Gymnasium einen Rückgang in Klassenstärke verkraften: minus 33 Schüler. Dessen Chef Hans-Günter Peisch erklärt sich dies damit, dass die Zahl der Grundschüler zurückgehe, außerdem sei die Anmeldezahl des vergangenen Jahres ein starker Ausreißer nach oben gewesen. Dass die lokale Konkurrenz zulegen konnte, liege an natürlichen Schwankungen.

Das Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) in Ludwigsburg darf mit einem Plus von 25 Schülern wieder vier statt wie in diesem Schuljahr drei Eingangsklassen bilden. Damit habe man eine bilinguale, eine naturwissenschaftliche und zwei sportorientierte Klassen, sagt der stellvertretende Schulleiter Achim Salomon: „Eine nahezu perfekte Situation.“

„Es wird nicht jeder ein Boris Becker

Getrübt wird die Lage allerdings durch den massiven Druck, der auf den Jugendlichen lastet, die neben den schulischen auch sportliche Topleistungen beim Basketball, Tanzen, Tennis oder in der Leichtathletik bringen sollen. Ein Neuntklässler habe pro Woche 34 Unterrichtsstunden plus mindestens zehn Trainingsstunden zu absolvieren, rechnet Salomon vor: „Da ist noch gar keine Lernzeit inbegriffen.“ Deshalb gibt es die Überlegung, am OHG eine G9-ähnliche Klasse für die Leistungssportler einzurichten, die von der Achten bis zur Elften um ein Schuljahr gestreckt wird. Sonst bestehe das Leben der Kinder nur noch aus Schule und Training, sagt Salomon: „Das darf nicht sein.“ Es spreche jedoch vieles dafür, den jungen Kaderathleten den Weg zum Abitur und damit zu einem zweiten Standbein zu entzerren: „Es wird ja nicht jeder ein Boris Becker, der vom Sport leben kann.“