In den Pflegeheimen des Landkreises lassen sich fast 100 Prozent der Bewohner impfen. Bei den Mitarbeitern liegt die Quote bislang bei etwa 50 Prozent. Das Kreisimpfzentrum in der Messehalle Sindelfingen bleibt vermutlich bis Mitte Februar geschlossen.

Böblingen: Carola Stadtmüller (cas)

Böblingen - Schlechte und gute Nachrichten zur Lage des Kreises in der Pandemie hatte der „Berufsoptimist“, wie Roland Bernhard sich gern nennt, zu verkünden. Eine gute, die den Kreis landesweit heraushebt: der Inzidenzwert von 70, Tendenz sinkend. „Im November hatten wir noch 190“, sagt der Landrat. Trotzdem gibt es Kritik: von der Bevölkerung, weil das gerade eröffnete Kreisimpfzentrum (Kiz) schon wieder zu ist, und vom Landrat an der Coronapolitik.

 

Die Ärztin Wiebke Höfer leitet das Kreisimpfzentrum, zu dem auch die mobilen Impfteams gehören. Sie und ihr Team sorgen dafür, dass genau soviel des bei minus 80 Grad gelagerten Impfstoffs aufgetaut wird, dass er für die für den nächsten Tag veranschlagten Dosen reicht. „Wir haben noch keine einzige Dosis verschwendet“, sagt sie. Bislang wurden vier Heime im Kreis durchgeimpft. Fast alle Bewohner ließen sich impfen und etwa 50 Prozent des Personals. Bislang sei keine Abwehrreaktion dokumentiert worden. Wenn alle Altenheime (insgesamt 42) durchgeimpft wurden, gehen die mobilen Teams zu den Bürgerinnen und Bürgern, die sich in häuslicher Pflege befinden.

Wann öffnet das Kiz wieder?

In den kommenden drei Wochen bleibe das Kiz definitiv geschlossen, sagte der Landrat. Es steht derzeit nicht genügend Impfstoff zur Verfügung. Derzeit bekämen rund 600 Menschen pro Woche die erste Dosis des Vakzins. Wäre ausreichend Impfstoff da, könnten 6000 Menschen pro Woche behandelt werden. „Wir peilen Mitte Februar für eine Öffnung an“, sagt der Landrat. Möglicherweise sei man da noch nicht ganz durch mit den Pflegeheimen, aber eine kleine zeitliche Überlappung sei denkbar. Der jetzt vorhandene Impfstoff reiche für die Erst- und Zweitimpfung der Pflegeheimbewohner und Mitarbeiter, da ist sich Höfer sicher.

Wie reagieren die Ehrenamtlichen?

Das Deutsche Rote Kreuz will vor allem ältere Menschen unterstützen, die nicht im Pflegeheim wohnen: bei den Impfterminen, möglicherweise auch bei Transportfahrten und anderen Fragen. „Die Hilfsbereitschaft der Ehrenamtlichen ist nach wie vor überwältigend, auch wenn es jetzt noch etwas dauert“, sagt der Landrat. Und Wiebke Höfer, die im Kiz viel mit den Helfern zu tut hat, meint: „Es rennt niemand davon, weil er erst in drei Wochen aktiv sein darf. Alle sehen es als einmalige Chance an, selbst etwas gegen Corona tun zu können, und das ist toll.“

Wann ist der Kreis durchgeimpft?

Beim Thema Impfpolitik legt Roland Bernhard zwar immer noch Geduld an den Tag, findet aber erneut klare Worte. Bereits Anfang Januar kritisierte er, dass der Kreis Böblingen anders die Kreis Ludwigsburg und Rems-Murr nur ein Kiz bekommt. Dass zu wenig Impfstoff da sei, kritisiere er nicht. Aber es sei nicht transparent, wie es in den Land- und Stadtkreisen aussehe mit der Durchimpfung. Jedes Kiz habe dieselbe Menge an Impfstoff bekommen. In einem dünn besiedelten Kreis wie Hohenlohe, dessen Landrat Matthias Neth er aus dem Landratsamt gut kenne, sei man seit Dienstag mit den Pflegeheimen durch. „Was aber ist dann mit dem Stufenplan?“, fragt Bernhard. Muss dann etwa in Hohenlohe gewartet werden, bis die anderen Stadt- und Landkreise auch soweit sind? „Oder müsste dann nicht Impfstoff weitergegeben werden?“ Sonst könnte eine große Unwucht entstehen, Bürger könnten sich benachteiligt fühlen: Manche Kreise hätten irgendwann ihre gesamten Einwohner geimpft, andere nicht einmal die Hälfte. „Die Zahlen der Durchimpfung der Stadt- und Landkreise müssten sichtbar gemacht werden. Wenn da Unterschiede sind, sollte man das zeigen – und erklären“, fordert deshalb der Landrat. Aber man wolle sich wohl nicht noch mehr Unmut der Bevölkerung zuziehen, mutmaßt er. Kurzum: Seriöse Aussagen darüber, wann der Kreis durchgeimpft ist, sind nicht zu machen.

Belasten die Kosten die Bürger?

Das Land habe klar gesagt: „Alle Kosten werden übernommen“, sagt Roland Bernhard. Allerdings gibt es noch einige Bereiche, die nicht geregelt sind: Etwa die Übernahme von Fahrtkosten ältererer Menschen zum Kiz, falls Angehörige nicht fahren können. „Da sind wir dran“, verspricht Bernhard. Auch das Taxigewerbe habe angefragt, sagt er. „Klar ist, dass die Fahrt eines Einwohners zum Kiz nicht an den Kosten scheitern darf.“ Wer aber am Ende zahlt – ob der Kreis oder auch das Land – ist noch offen.

Die meisten positiv Getesteten sind aktuell zwischen 40 und 49 Jahren alt

In den den Häusern des Klinikverbunds lagen zwischen 9. November und 12. Januar immer zwischen 50 und 80 Covid-19-Erkrankte. Seitdem sinkt die Zahl kontinuierlich auf jetzt 25. Im November meldete das Kreisgesundheitsamt fast 2100 Kontaktpersonen. Jetzt sind es etwa 600, die rückverfolgt werden. Es gebe keine personellen Engpässe mehr, so Gesundheitsamtsleiterin Anna Leher. Betrachtet man die Zahl der positiv Getesteten seit Beginn der Pandemie, so zeigt sich, dass die Menschen zwischen 20 und 29 Jahren, 30 und 39 Jahren, 40 und 49 Jahren sowie 50 uns 59 Jahren je zu gleichen Anteilen positiv getestet wurden. Ihr Gesamtanteil liegt bei 65 Prozent. Die Menschen zwischen 60 und über 90 Jahren machten bei den positiv Getesteten rund 23 Prozent aus, Kinder bis neun Jahre: 3,7 Prozent. Bei den aktuellen Fällen, liegen die 40- bis 49-Jährigen an der Spitze mit 23 Prozent.