Statt einem kostenlosen VVS-Ticket will die Seniorenvertretung lieber die Sozialleistungsempfänger unterstützen.

Kreis Böblingen - Der Kreisseniorenrat Böblingen (KSR) lehnt es ab, dass Senioren, die ihren Führerschein abgeben, mit einem VVS-Jahresticket belohnt werden. Das bekräftigt der Vorsitzende Manfred Koebler erneut, angesichts der erneuten Diskussion, ältere Menschen zu belohnen, wenn sie auf das Auto verzichten. Der Kreistag hatte vergangene Woche darüber debattiert, das Thema aber auf seine Sitzung am 13. Juli vertagt.

 

Kostenloses Seniorenticket im Kreis Ludwigsburg

Nachdem im Landkreis Ludwigsburg Senioren schon seit fünf Jahren ein kostenloses VVS-Ticket bekommen, wenn sie ihren Führerschein abgeben, will das der Böblinger Landrat auch den hiesigen Rentnern gönnen. Es soll ein Anreiz sein, Bus und Bahn zu nutzen und mehr Verkehrssicherheit bringen. Ein Jahr lang bekämen Senioren das kostenlose Bus- und Bahnticket. Die Hälfte der Kosten würde der VVS übernehmen, die andere Hälfte das Landratsamt. Im Kreis Ludwigsburg haben 2350 Teilnehmer mitgemacht.

„Wir sind dagegen, dass auch im Kreis Böblingen Steuergelder ausgegeben werden für ein VVS-Senioren-Jahresticket“, sagt der KSR-Vorsitzende. Er finde es natürlich gut und wichtig, das Fahrgastaufkommen beim öffentlichen Verkehr zu erhöhen. „Aber muss der Steuerzahler dafür eine halbe Million Euro ausgeben, wie es der Landkreis Ludwigsburg getan hat, um von 550 000 Einwohnern weniger als 1000 im zweiten Jahr, wo das Ticket vom Nutzer selbst bezahlt werden muss, zum VVS zu bringen?“, fragt sich Koebler.

Angehörige sollen lieber bezahlen

Angehörige würden das kostenlose Ticket natürlich begrüßen. „Doch warum muss hier der Staat eine Art Lockvogel spielen, warum bieten nicht die Angehörigen dem Opa oder der Oma ein VVS-Seniorenticket an oder, wenn Behinderung eine Rolle spielt, einen Vertrag mit einem Taxiunternehmen?“, schlägt Koebler vor. Dabei gehe die Rechnung an die Angehörigen und werde von der ersparten Kfz-Steuer und Kfz-Versicherung bezahlt. „Warum also der Staat, unabhängig davon, dass sich in Corona-Zeiten die öffentlichen Haushalte ganz anderen Herausforderungen stellen müssen“, gibt der Sprecher des Kreisseniorenrates zu bedenken.

Zudem biete der Kreisseniorenrat seit Jahren sehr gut besuchte Veranstaltungen an zu dem Thema: „Kfz-60-Plus, eine Auffrischung Ihrer Kenntnisse im Straßenverkehr zum Erhalt Ihrer Mobilität.“ Das ist ein Motivationsprogramm, das zu 70 Prozent von Seniorinnen und 30 Prozent von Senioren besucht und zum Erhalt des Führerscheins abgehalten wird.

Sozialticket statt Mitnahmeeffekt

„Wir meinen, dieser VVS-Ticket-Tausch bewirkt einen großen Mitnahmeeffekt und ist falsch investiertes Steuergeld“, argumentiert Koebler. Es sei eine Art Gießkanne, bei der Gelder auch Menschen zu Gute kommen, die es finanziell nicht benötigen, befürchtet er.

Der KSR setzt ganz andere Prioritäten. „Benötigt hingegen wird ein Sozialticket, damit Sozialleistungsempfänger auch 50 Prozent Rabatt beim VVS erhalten, wie es die Senioren bekommen“, schlägt Koebler vor. Hier wäre die Investition pass- und zielgenau: Der Landkreis gibt nur Geld aus für 50 Prozent eines Tickets, wenn der Sozialleistungsempfänger dieses auch kauft und seinen Anteil selbst bezahlt. „Das wäre ein wünschenswertes Angebot,“ meint der Böblinger KSR-Vorsitzende.