Von wegen Leipzig oder Manila – die Online-Filiale der Kreissparkasse Waiblingen sitzt mitten am Marktplatz in Winnenden. 70 Mitarbeiter kümmern sich dort um alles, was Kunden telefonisch oder übers Internet erledigen wollen. Ein Blick hinter die Kulissen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

In einem Großraumbüro im dritten Stock des Gebäudes am Winnender Marktplatz herrscht reger Gesprächsbetrieb. Mit schalldämpfenden Raumteilern und über Kopfhörer mit Richtmikrofonen akustisch gut abgetrennt, werden hier so ziemlich alle Dinge erledigt, die sich via Telefonleitung erledigen lassen: Anliegen von Kunden werden aufgenommen und weitergeleitet, Beratertermine vereinbart oder verlegt, Überweisungen auf Anweisung umgesetzt, technische Probleme an Spezialisten weitergeleitet und das ein oder andere Problem gleich direkt gelöst. Mehr als 300 000 Telefonate wurden in diesem Raum allein im vergangenen Jahr geführt.

 

Alle Mitarbeiter haben eine Bankausbildung

Als Callcenter möchte Christoph Beck, Abteilungsdirektor der als Direktfiliale bezeichneten, insgesamt rund 70-köpfigen Einheit der Kreissparkasse Waiblingen, diesen Bereich aber keinesfalls bezeichnet wissen. Denn zum einen könne jeder im Kunden-Servicecenter eingesetzte Berater eine fundierte Bankausbildung vorweisen. Und ganz bestimmt gehe es nicht darum, jemandem ein Geschäft aufzuschwatzen, das er gar nicht benötige oder haben wolle.

Beck hat die Direktfiliale federführend aufgebaut, die  2019 als klassische Telefonzentrale startete. Stück für Stück kamen immer mehr Privatkundenberater hinzu, die ausschließlich über Telefon, Video oder Chat mit der Kundschaft kommunizieren – dies aber nicht von irgendwo aus, sondern vor Ort im Rems-Murr-Kreis, in Winnenden. Die Waiblinger Sparkasse gehe hier einen Sonderweg, sagt der Vorstandsvorsitzende Uwe Burkert nicht ohne Stolz: Man bleibe auch online weiterhin lokal verwurzelt.

Onlineangebote zunehmend nachgefragt

Man trage dem Rechnung, dass Onlineangebote zunehmend nachgefragt würden, sagt Vincenzo Giuliano, im Vorstand der Kreissparkasse für das Privatkundengeschäft zuständig. Bequemlichkeit sei dank digitaler Möglichkeiten in vielen Lebensbereichen ein zentrales Element geworden – auch im Finanzbereich. Die Sparkasse sei bereit, entsprechende Angebote zu machen. Der Kunde könne wählen, welche Leistungen er auf welchem Wege in Anspruch nehme – in der physischen Filiale, kombiniert oder ausschließlich online – im Gegensatz zu einer Direktbank aber stets mit einem persönlichen Ansprechpartner.

Etwa 80 Prozent der rund 200 000 Privatkunden der Kreissparkasse nutzten bereits das automatisierte Onlinebanking für alltägliche Transaktionen, deutlich weniger, etwa 2,5 Prozent, die Beratungsangebote über die Direktfiliale. Doch bei der Kreissparkasse ist man überzeugt, dass der Wunsch der Kunden nach Video-Beratungsgesprächen auch über Aktiendepots oder Finanzierungsfragen künftig noch deutlich größer werden wird.

Zumal die Kundschaft schon heute durchaus nicht ausschließlich jung und per se onlineaffin sei. So berichtet Giuliano etwa von einer älteren Dame über 75, die zu ihrem neuen Lebenspartner nach Berlin gezogen sei und ihr jährliches Depotgespräch nun eben per Video erledige. Oder die Rentner mit Alterswohnsitz Mallorca, die Christoph Beck schon seit Langem betreut. Die sich freuten, wenn sie im Video-Beratungsgespräch wieder mal jemanden Schwäbisch schwätzen hörten, es sich aber auch nicht nehmen ließen, einmal im Jahr persönlich in der Heimatfiliale vorbeizuschauen. Oder der Daimler-Manager, der für seine Firma für drei Jahre in Dubai tätig sei und seine Sparkasse dann eben einfach digital mitnehme.

Auch im Alltagsgeschäft fänden sich für Senioren oder mobilitätseingeschränkte Kunden Mittel und Wege. So erledigten rund 10 000 Sparkassen-Kunden Überweisungen & Co. beispielsweise per Telefonbanking.

Präsenz in der Fläche soll bleiben

Natürlich habe man sich in der Vergangenheit deshalb auch dezidiert Gedanken gemacht, wo es nicht mehr sinnvoll sei, eine Kleinstfiliale aufrechtzuerhalten, räumt Uwe Burkert ein. In diesem Zuge ist die Zahl der Standorte in den vergangenen fünf Jahren von 80 auf 60 reduziert worden. Doch bis auf Überlegungen, an einzelnen reinen Automatenstandorten mit den Kollegen der Volksbank gemeinsame Sache zu machen, sei der Rationalisierungsprozess in diesem Bereich nun erst einmal abgeschlossen.

Der Ausbau der Direktfiliale werde daran nichts ändern. „Wir brauchen die Präsenz in der Fläche und werden sie auch aufrechterhalten“, sagt Uwe Burkert, „aber wir zwingen niemandem den Weg auf, wie er seine Geldgeschäfte bei uns erledigen möchte.“

Beratung in allen Lebenslagen

Die Transformation seines Unternehmens sieht Uwe Burkert in Richtung einer „Beratungssparkasse. Wir wollen unsere Kunden in allen Lebensfragen begleiten und ihnen Lösungen anbieten – wenn sie möchten auch online.“ Nicht umsonst können sich angehende Bankkaufleute bei der Kreissparkasse Waiblingen neuerdings auch für eine Ausbildung mit Schwerpunkt digitale Beratung entscheiden.

Kooperation mit der Volksbank

Bisher
Um weiterhin präsent in der Fläche zu bleiben, kooperiert die Kreissparkasse schon seit einiger Zeit mit der Volksbank Stuttgart und betreibt fünf gemeinsame SB-Filialen: Am Schorndorfer Krankenhaus und im Ortsteil Aichenbach, im Winnender Krankenhaus und dem Ortsteil Hertmannsweiler sowie in Geradstetten können Kunden beider Kreditinstitute die dort aufgestellten Service-Automaten nutzen.

Künftig
Demnächst wird die Kooperation neun weitere Standorte umfassen: Waiblingen (Waiblinger Tor), Winnenden-Schelmenholz, Beinstein, Strümpfelbach, Haubersbronn, Korber Höhe, Bittenfeld, Großheppach, Schorndorf (Toom Baumarkt). Die Umstellung soll ab Juli erfolgen, abhängig von der Laufzeit bestehender Mietverträge und der Verfügbarkeit technischer Voraussetzungen für die Automaten.