Das Modell im Bund gilt als erfolgreich und soll mit Katrin Steinhülb-Joos und Dejan Perc auch beim Kreisverband in Stuttgart greifen.

Stuttgart - Die Sozialdemokraten in Stuttgart setzen beim Kreisvorsitz erstmals auf eine Doppelspitze. Zehn Jahre lang hatte Dejan Perc (45) die Genossen allein geführt, mit etlichen Tiefen und sporadischen Höhen. Bei der wegen der Coronapandemie aus dem Turnus gefallenen Hauptversammlung am Montag im Bad Cannstatter Kursaal änderten die 108 Delegierten zunächst einstimmig die Satzung – und wählten dann Katrin Steinhülb-Joos (55) mit 90 gegen fünf Stimmen bei zwölf Enthaltungen an die Seite von Perc. Er erreichte 87 Ja- und zwölf Nein-Stimmen bei sieben Enthaltungen. Perc hatte zuvor mehrfach betont, dass das Ehrenamt bei drei Wahlen in kurzer Frist erheblich fordernd sei. Er ist mit seinem Partner verheiratet, sie ziehen eine Tochter groß. Die Doppelspitze sei ein „bewährtes und gutes Instrument der Parteiführung“.

 

SPD will mehr Themen setzen

Steinhülb-Joos, die frühere Rektorin der Altenburgschule in Cannstatt, hatte die aktuell 1843 Stuttgarter Genossen (2019 waren es noch 2020) bei der Landtagswahl von einem Fluch befreit und nach 20 Jahren wieder ein Mandat für die SPD errungen. Die paritätische Besetzung der Spitze habe ein „gutes Vorbild“ in der Bundespolitik, mit ihr wolle die SPD in Stuttgart effektiver arbeiten und mehr Themen setzen, der Vorschlag für die Doppelspitze sei „aus verschiedenen Ecken der Partei“ gekommen. Steinhülb-Joos steht für „den Bildungsschwerpunkt, der bisher nicht gegeben war“, so die Abgeordnete, die neben dem Personalmangel in Kindertagesstätten und Schulen auch das Thema sozial verträglicher Klimaschutz und Wärmewende nach vorn rücken will. Im gesamten Kreisvorstand sind acht der 16 Köpfe neu, als stellvertretender Vorsitzender wurde Daniel Campolieti bestätigt und Mia Koch neu gewählt. Die SPD steht mit Olaf Scholz wahrscheinlich vor der Kanzlerwahl, in Stuttgart hatte sie mit 21,1 Prozent bei der Bundestagswahl bei den Zweitstimmen immerhin die CDU hinter sich gelassen, im Wahlkreis II lag sie mit 22,8 Prozent sogar an der Spitze. Für ein Mandat, um das sich auch Perc beworben hatte, reichte es nicht. Der alte und neue Kreisvorsitzende schöpft aus dem Wahlkampf aber Zuversicht: „Wir hatten steigende Werte, das habe ich noch nie erlebt.“

OB-Wahl als teures Desaster

Desaströs lief für die Genossen die OB-Wahl 2020, man habe „einen Kandidaten mehr als nötig und hilfreich“ gehabt, so Perc. Der Name von Marian Schreier, Bürgermeister aus Tengen, fiel nicht. Der scheidende Schatzmeister Ulrich Henke (Nachfolger: Alexander Prinz) sprach von einem „bitteren Ergebnis“, für das man mit 214 000 Euro einen „sehr hohen Einsatz“ bezahlt habe. Für die OB-Wahl habe es 69 000 Euro an Spenden und 89 000 Euro von Parteigliederungen gegeben, 2020 gab es ein Defizit von 33 000 Euro. Hauptgeldquellen sind Beitragseinnahmen (2021 wohl 42 000 Euro) und Abgaben von Mandatsträgern (29 000 Euro).