Kretschmann dringt auf eine vertiefte Prüfung der Lösung von Stuttgart-21-Schlichter Geißler.

Stuttgart/Hamburg - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dringt auf eine vertiefte Prüfung des Kompromissvorschlags von Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler. Kretschmann sagte dem Magazin „Stern“ (Donnerstag): „Ich meine, wir sollten uns die Zeit nehmen, diesen Vorschlag wirklich zu prüfen. Ich hoffe, dass die SPD auch sieht, was für Chancen in ihm stecken.“ Er halte Geißlers Idee für einen kombinierten Kopf- und Tiefbahnhof für einen ernsthaften und interessanten Vorschlag. Die Spitzen der grün-roten Koalition wollen sich an diesem Donnerstag verständigen, wie sie mit Geißlers Vorstoß weiter umgehen. Die SPD hat aber schon angedeutet, dass sie an Stuttgart 21 festhalten will.

 

Ministerpräsident sieht sich in "politisch-moralischem Dilemma"

Im „Stern“-Interview sagte Kretschmann, er stehe in der Debatte um Stuttgart 21 in einem politisch-moralischen Dilemma. „Ich kann nicht ungeschehen machen, was meine Vorgänger beschlossen haben.“ Es gebe nun mal Verträge und komplizierte Rechtsfragen, „auf die es leider kein einfaches Ja oder Nein gibt“. Es gelte aber weiter sein Versprechen aus dem Wahlkampf: „Im Rahmen meiner Möglichkeiten mache ich alles, um dieses Projekt zu verhindern, von dem ich überzeugt bin, dass es nicht gut ist für unser Land.“

Dennoch müssten die Stuttgart-21-Gegner auch sehen, dass die Grünen das Projekt nicht einfach kippen könnten. „Es ist ein fundamentaler Irrtum, dass es eine Gewähr dafür gibt, dass man all seine Ziele erreicht.“ Es sei in der Vergangenheit nur sehr selten gelungen, Entscheidungen für Großprojekte wieder zurückzuholen. Dies sei ausnahmsweise bei den geplanten Atomanlagen im badischen Whyl, in Wackersdorf in Bayern und in Kalkar am Niederrhein gelungen.

Volksentscheid kann Stuttgart 21 noch beerdigen

Der Regierungschef will die Hoffnung nicht aufgeben, dass Stuttgart 21 durch den Volksentscheid im November noch beerdigt werden kann. „Es kann ja sein, dass die geplante Volksabstimmung ein Wunder schafft.“ Bei Stuttgart 21 soll der Kopfbahnhof durch eine unterirdische Durchgangsstation ersetzt werden. Dieser Tiefbahnhof soll an eine neue Schnellbahnstrecke nach Ulm angebunden werden. Die Bahn schätzt die Kosten auf rund 4,1 Milliarden Euro.