Der Regierungschef hatte sein Fernbleiben zunächst mit seinem übervollen Terminkalender begründet. Jetzt kommt er am Abend doch nach Baiersbronn. Ein kluger Schachzug – so kann er die Politik des Gehörtwerdens weiter demonstrieren.

Stuttgart - Das wollte wohl der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht auf sich sitzen lassen. Er mache es sich bequem und vertrete das Regierungsgutachten zum Nationalpark ausgerechnet in Ottenhöfen, einer kleinen Gemeinde im Ortenaukreis, die gerade einmal zwei Prozent ihrer Gemarkungsfläche im Suchraum des Nationalparks habe, hatte ihm eine vehemente Gegnerin aus Baiersbronn vorgeworfen. In Baiersbronn hingegen, das mit 46 Prozent der Gemeindefläche betroffen wäre, stelle er sich nicht der Diskussion. „Ich bin menschlich zutiefst enttäuscht von Ihnen“, sagte die Frau.

 

Der Regierungschef hatte sein Fernbleiben zunächst mit seinem übervollen Terminkalender begründet. Jetzt kommt er doch nach Baiersbronn. Ein kluger Schachzug – so kann er die Politik des Gehörtwerdens weiter demonstrieren. „Politik des Gehörtwerdens bedeute, dass Bürgern nicht einfach ungefragt etwas übergestülpt werde, dass eine Regierung nicht einfach mache, was sie wolle,“ hatte Kretschmann am Abend in Ottenhöfen erläutert. Die Bürger sollten „auf Augenhöhe“ auf jeder Verfahrensebene informiert werden, sie sollten sich einmischen und hätten das Recht auf plausible Antworten. „Die Entscheidung aber treffen die demokratisch gewählten Vertreter“, so betonte Kretschmann. „Die Minderheit muss dies ertragen können.“

Vielleicht gelingt es Kretschmann an diesem Abend ebenso überzeugend wie in Ottenhöfen, den Bürgern klar zu machen, warum er sich für einen Nationalpark einsetzt. Und zudem kann sein Naturschutzminister Alexander Bonde (Grüne) Beistand gebrauchen. Er wohnt in Baiersbronn, dem Zentrum des Widerstands, und hat den geballten Zorn der Gegner auf sich gezogen. „Lieber ein Dorf im Grünen als ein Grüner im Dorf“ – dieses Plakat hat viele Freunde auf Facebook.