Kreuzfahrt in Alaska Buckelwal auf drei Uhr
Der US-Außenposten Alaska ist ein Traumziel für Naturliebhaber und Entdecker. Auf der Inside-Passage erlebt man vom Schiff aus Wildnis, Gletscher, Wale, Bären und Adler und sogar einen Regenwald.
Der US-Außenposten Alaska ist ein Traumziel für Naturliebhaber und Entdecker. Auf der Inside-Passage erlebt man vom Schiff aus Wildnis, Gletscher, Wale, Bären und Adler und sogar einen Regenwald.
Die Chancen, Wale zu sehen, stehen gut. „Weil ich meine Wal-Glückssocken anhabe“, sagt Ross Kotlar und zieht die Hosenbeine hoch. Es ist sieben Uhr früh, auf dem hinteren Pooldeck der „Eurodam“ drängen sich Dutzende Schaulustige. Das Schiff der Reederei Holland America Line gleitet langsam durch die Inside-Passage im südlichen Alaska. „Hier gibt es eine sehr reiche Tierwelt“, verspricht der 27-jährige Naturexperte aus Colorado.
In auffällig orangeroter Jacke steht Kotlar an der Reling, das Fernglas im Anschlag, und gibt Tipps, wo es etwas zu entdecken gibt. „Buckelwal auf drei Uhr!“, brüllt er. Und alles stürzt nach rechts. Der Pazifik benimmt sich gesittet, Bewegungen an der Wasseroberfläche sind so zu erkennen. Doch auch wer stundenlang starrt, sieht nicht halb so viel wie unter Ross Kotlars Anleitung.
Die „Eurodam“ hat in Seattle im US-Bundesstaat Washington abgelegt, dann geht es schnurstracks nach Norden. Auf zur letzten Grenze! „The Last Frontier“ wird Alaska genannt, noch immer sind einige Ecken des US-Außenpostens unerforscht. Ein Traumziel für Naturliebhaber und Entdecker. Mit jeder Seemeile wird die Umgebung arktischer. Die Inside-Passage ist eine wilde Insellandschaft, vor Millionen von Jahren geformt von der gewaltigen Kraft der Gletscher. Auf der Landkarte bildet das Puzzle aus blauen und grünen Flecken einen schmalen Streifen, eingeklemmt zwischen dem Meer und dem Staatsgebiet von Kanada.
Mehr Bären als Menschen sind hier zu Hause, die mächtigen Nadelwälder erscheinen endlos. „Der Tongass National Forest ist der größte gemäßigte Regenwald der Welt“, erklärt Ross. „Regenwald? Echt?“, fragt ein kleines Mädchen. Echt. Und mit etwas Glück und einem guten Objektiv sieht man Weißkopfadler im Baum sitzen, kann Grizzlys beim Lachsfangen beobachten, und manchmal ragt plötzlich eine Fluke aus dem Wasser. Zwischen April und November tummeln sich Buckelwale zu Hunderten in der Inside-Passage, um sich mit Krill und Fischen den Bauch vollzuschlagen. Im Winter geht es zurück nach Hawaii, wo sie ihren Nachwuchs zur Welt bringen.
Der kurze Sommer ist Hochsaison für Seereisen nach Alaska. Im Hafen von Juneau, der kleinen Hauptstadt des Bundesstaates, drängen sich fünf Schiffe. 31 000 Einwohner bekommen auf einen Schlag Besuch von 14 000 Fremden. Sie bringen Geld in die stark vom Tourismus abhängige Gegend. Zwei der Kreuzfahrtschiffe gehören der Reederei Holland America Line. Das 1873 in Rotterdam gegründete Unternehmen transportierte einst Auswanderer von Europa nach Nordamerika. Als Ende der 1960er Jahre Düsenflugzeuge den Weg über den Atlantik schnell und einfach machten, endete diese goldene Ära der Passagierschifffahrt. Holland America Line, heute ein Teil der Carnival Corporation, konzentriert sich nun auf Vergnügungsreisen und legte früh einen Schwerpunkt auf Alaska. Im Sommer sind bis zu sechs der elf Schiffe umfassenden Flotte ganz im Norden der USA unterwegs.
Historisch bedingt hat die Reederei mehr Lizenzen als die Mitbewerber, um auch in streng reglementierte Gegenden zu fahren. Das Highlight der Reise ist die Glacier Bay, ein Nationalpark, der sich am besten vom Wasser aus entdecken lässt. „97 Prozent unserer Besucher kommen mit dem Kreuzfahrtschiff“, sagt Nathan Spicuzza. Der 26-Jährige aus Ohio arbeitet als Ranger beim National Park Service, der alle 63 Nationalparks in den USA verwaltet. Natürlich sei es paradox, eine bedrohte Gegend mit einem umweltschädlichen Kreuzfahrtschiff zu entdecken, gibt Nathan Spicuzza zu: „Doch die Menschen werden auf einer solchen Expedition sensibilisiert.“
Der Ranger muss manchmal Diskussionen mit Menschen führen, die den Klimawandel immer noch für ein Gerücht halten: „Angesichts der schmelzenden Gletscher, die sie hier sehen, denken viele nach einer Alaska-Reise anders.“ Nathan Spicuzza empfiehlt, nicht nur nach unten aufs Wasser, sondern auch mal nach oben in die Luft zu schauen: „Es gibt 280 verschiedene Vogelarten in Alaska. Das wird oft übersehen, weil sich alle für die großen Tiere wie Wale oder Bären interessieren. Die Schönheit steckt in den kleinen Dingen.“
In der Glacier Bay sind pro Tag nur zwei größere Pötte erlaubt. Auf diese Weise soll das empfindliche Ökosystem möglichst wenig gestört werden. Um die Menschen umfassend zu informieren, kommen Nathan Spicuzza und seine Kollegen an Bord, halten Vorträge, beantworten Fragen. Die Regeln der Behörde sind streng. Während der Fahrt durch den Gletscherpark darf auf den Außendecks keine Musik gespielt werden, das Entertainmentprogramm wird ausgesetzt. Shops und Casino sind geschlossen.
Alles soll sich auf die langsam vorbeiziehende Schönheit konzentrieren. „Für mich ist das hier der berühmte Einmal-im-Leben-Traum“, sagt eine Frau aus Tennessee. Dick eingemummt steht sie an Deck und hofft, dass der Gletscher kalbt. Doch Margerie mag nicht. Keine abbrechende Eiswand, die mit Getöse ins Wasser stürzt. Neben der Eisriesin wirkt die „Eurodam“ wie ein Spielzeugboot. Dabei ist es ein schwimmendes Dorf mit 2400 Passagieren und 800 Crewmitgliedern.
Die Gäste an Bord sind überwiegend Amerikaner, ein paar Kanadier, fast keine Europäer. Die meisten wollen die außergewöhnliche Natur erleben, sie sind mit mächtigen Feldstechern und Teleobjektiven ausgerüstet. Neben den üblichen Bustouren bietet die Landausflugsabteilung auch Aktivitäten an wie Kajak fahren und Fischen gehen. Manche Passagiere flüchten aber auch nur vor der Hitze daheim. In Texas habe es gerade 40 Grad, erzählt eine Passagierin. Dann lieber zwölf Grad und Nieselregen in Alaska.
Die mächtige Natur lässt keinen kalt. Eine wuchtig-schöne Landschaft aus verschlungenen Fjorden, Gletscherriesen, Eisbergen. Ein Meisterstück der Natur. Türkisblau schimmernde Eisschollen treiben vorbei, auf einer fährt ein Seeotter-Trio mit. Möwen und Küstenseeschwalben ziehen ihre Kreise. Nur die Seelöwen lassen sich nicht blicken. Dafür schieben tatsächlich ein paar Orcas und Buckelwale ihre mächtigen Leiber an die Wasseroberfläche. Die Socken haben Glück gebracht.
Kreuzfahrt
Die Saison für Kreuzfahrten nach Alaska startet jedes Jahr Ende April und geht bis August. Die meisten Reisen starten in Vancouver oder in Seattle. Bei Holland America Line kosten sieben Tage ab 889 Euro in der Innenkabine pro Person. Das Erlebnis auf dem Meer kann mit einer Tour an Land ergänzt werden, zum Beispiel gibt es eine „Alaska Cruise Tour“ zum Denali-Nationalpark, nach Anchorage und Fairbanks. Preisbeispiel: 14 Tage ab 3104 Euro pro Person in der Innenkabine , www.hollandamerica.com.
Weitere Anbieter
Regelmäßige Kreuzfahrten nach Alaska bieten auch Celebrity Cruises an, hier kosten sieben Nächte im Mai 2025 ab 2509 Euro in der Innenkabine, www.celebritycruises.com.Hin und wieder sind die Schiffe von Hapag-Lloyd Cruises in der Gegend unterwegs. Preisbeispiel: 14 Tage Inside-Passage Kurs Süd im Juli 2026 auf der „Hanseatic Inspiration“ ab 10 490 Euro pro Person, www.hl-cruises.com.
Allgemeine Informationen
www.travelalaska.com