Saudi-Arabien und die vom Iran gestützten Huthi-Rebellen führen jetzt indirekte Gespräche. Ob diese einen Friedensprozess einläuten, ist aber ungewiss.

Ein verheerender Krieg mit Zehntausenden zivilen Opfern, Hungersnöten und Epidemien: Seit acht Jahren versinkt der Jemen in Gewalt und Elend. Im ärmsten Land der arabischen Welt tragen Saudi-Arabien und der Iran einen regionalen Machtkampf aus, der bisher alle Friedensbemühungen scheitern ließ. Jetzt glimmt ein Hoffnungsschimmer auf: Indirekte Gespräche zwischen Saudi-Arabien und den iranisch unterstützten Huthi-Rebellen machen Fortschritte, die UN-Vertreter vorsichtig optimistisch stimmen.

 

Als der UN-Gesandte Hans Grundberg jetzt von der jemenitischen Hauptstadt Sanaa aus dem Sicherheitsrat in New York über die Lage im Land berichtete, bemühte er sich, keine Euphorie aufkommen zu lassen. Insgesamt aber sieht der schwedische Diplomat „eine potenziell weit reichende Veränderung in der Entwicklung dieses acht Jahre alten Konfliktes“.

Schlimmste humanitäre Krise der Welt

Grundberg und seine Vorgänger hatten in den vergangenen Jahren meist schlechte Nachrichten. Seit die Huthis 2014 die Hauptstadt Sanaa eroberten und eine internationale Kriegskoalition unter der Führung Saudi-Arabiens ein Jahr später auf der Seite der jemenitischen Regierung den Kampf gegen die Huthis eröffnete, kamen im Jemen etwa 150 000 Menschen ums Leben. Versorgungswege wurden abgeschnitten, Hunger und Krankheiten griffen um sich. Es kam laut UN zur schlimmsten von Menschen verschuldeten humanitären Krise der Welt.

Saudi-Arabien setzte moderne westliche Waffen ein gegen die Huthis, die nun iranische Raketen und Drohnen aufboten und den Krieg mit Angriffen in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zeitweise über die Grenzen trugen. Im April 2022 handelte die UN eine Waffenruhe aus, die bis heute hält, obwohl sie im Herbst auslief. Die Fronten sind eingefroren: Die Huthis kontrollieren Sanaa, den Westteil des Landes und den Hafen Hodeihda, die jemenitische Regierung mit Verbündeten ölreiche Gebiete und Teile im Süden und Osten.

Vakante Waffenruhe

Seit Jahren führen Saudi-Arabien und der Iran indirekte Gespräche. Vermittelt werden die Kontakte vom Sultanat Oman, das als Nachbar an Stabilität im Jemen interessiert ist und das die Kontrahenten in jüngster Zeit einander näher gebracht hat. Zuletzt äußerten sich die Huthis diese Woche positiv über die Gespräche mit den Vermittlern. Aus UN-Kreisen verlautet, dabei gehe es um militärische Zugeständnisse beider Seiten und den Abbau wirtschaftlicher Blockaden.

Hinter der neuen Verhandlungsbereitschaft steht auf beiden Seiten die Ernüchterung über militärische Misserfolge. Saudi-Arabien, das ursprünglich auf einen schnellen Sieg über die Huthis setzte, sucht schon länger einen Ausweg aus dem Jemen-Desaster. Die Huthis waren 2022 mit einem Großangriff auf die ölreiche Stadt Marib gescheitert und hatten schwere Verluste erlitten.

Ob aus den Gesprächen ein Friedensprozess wird, ist ungewiss. So sind die jemenitische Regierung, die VAE und die jemenitische Zivilgesellschaft bisher nicht eingebunden, nur Saudi-Arabien und die Huthis verhandeln. Grundberg warnt deshalb vor Stückwerk bei den Gesprächen. Magdalena Kirchner, Direktorin für Jemen und Jordanien bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, sagte unserer Zeitung: Bisher seien die Huthis die Gewinner des Prozesses. Sie könnten sich „selbstbewusst genug fühlen, um nun die Entscheidung über die politischen Machtverhältnisse im Land auf dem Schlachtfeld zu suchen“, das Risiko sei „durch die aktuellen Verhandlungserfolge nicht geringer geworden“. Vor wenigen Tagen fand die US-Marine bei der Durchsuchung eines Schiffes im Golf von Oman 2100 Sturmgewehre, die der Iran offenbar an die Huthis liefern wollte.