Der Ulmer NATO-General Alexander Sollfrank spricht über ein angepasstes Konzept der NATO. Es reicht bis ins Jahr 2025. Kräfte aus dem Südwesten sind auch dabei.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Die Bundeswehr ist stark an aktualisierten Verteidigungsplänen der NATO beteiligt und hat Truppen aufgestellt, die innerhalb von zehn Tagen an der Ostflanke des Verteidigungsbündnisses kämpfen können. Das hat der Generalleutnant Alexander Sollfrank jetzt in einer Medienrunde in der Wilhelmsburgkaserne in Ulm erklärt. Sollfrank ist Kommandeur der Einheit Joint Support and Enabling Command (JSEC), das im Ernstfall im NATO-Auftrag Truppen und Material durch den europäischen Raum verlegt. Außerdem befehligt er das der Europäischen Union unterstehende Multinationale Kommando Operative Führung. „Im Moment werden die Verteidigungspläne der Allianz angepasst“, so Sollfrank. Ein neues Konzept namens „NATO New Force Modell“ sehe vor, dass künftig 100 000 Soldaten innerhalb von zehn Tagen kampfbereit im Osten stehen müssten. Innerhalb von 30 Tagen sollen es 200 000 sein, innerhalb 180 Tagen „weitere mindestens 500 000“.

 

In drei bis fünf Tagen kampfbereit

Derzeit befehligt die NATO in Europa 40 000 Soldaten mit 130 sofort einsatzbereiten Flugzeugen und 140 Schiffen. Seit Februar 2017 schickt die Bundeswehr 870 Soldaten in eine ständige so genannte Battlegroup in Litauen. Die Führung dafür hat das Panzerbataillon 203 aus Augustdorf in Nordrhein-Westfalen. In Estland sind 140 deutsche Soldaten mit fünf Eurofightern stationiert, Teile des polnischen und slowakischen Luftraums werden mit dem aus Deutschland stammenden Flugabwehrraketensystem „Patriot“ gesichert.

Im Rahmen der neuesten Planungen werden die Anstrengungen deutlich erhöht. Seit 1. Januar stellt die Bundeswehr laut Sollfrank eine Truppe von 16 800 Soldaten aus Heer, Luftwaffe und Marine, die innerhalb von drei bis fünf Tagen an der Ostflanke in den Kampf gehen könnte. „Speerspitze“ für die Landstreitkräfte ist demnach die in Frankenberg (Sachsen) beheimatete Panzergrenadierbrigade 37. Im Krisenfall wird auch Sollfranks Ulmer Kommando ab sofort 50 Soldaten zum Aufbau eines Führungsgefechtsstandes abordnen. Für alle diese „Kameraden“ in Bereitschaft gelte, so der General: „Da ist ein Jahr lang kein Urlaub drin“.

Die Nato plant voraus, die EU ebenso

Weitere Planungen reichen bis 2025. Ab dann soll die Bundeswehr einen weiteren Großverband innerhalb der höchsten NATO-Bereitschaftsstufe „zehn Tage“ stellen, wie Sollfrank ankündigt. Vorgesehen dafür ist die 10. Panzerdivision im bayerischen Veitshöchheim. Bis in zwei Jahren solle Deutschland damit in der Lage sein, insgesamt rund 20 000 Soldatinnen und Soldaten „verzugslos“ in einen Einsatzraum zu verlegen.

Auch der nur der EU unterstehende Kommandoteil in Ulm beteiligt sich an der Unterstützung der Ukraine. „Ende letzten Jahres“, so Sollfrank, sei von der Brüsseler Politik der Aufbau einer europäischen Ausbildungsmission für ukrainische Streitkräfte gefordert worden, und zwar „auf militärstrategischer Ebene“. Was die Ulmer Einheit über Handlungs- und Krisenreaktionsfähigkeit weiß, soll auch ukrainischen Offizieren beigebracht werden. Sollfrank: „Diese Ausbildungsunterstützung hat mittlerweile begonnen.“ Die EU ihrerseits habe im März vergangenen Jahres ein neues grundlegendes Konzept namens „Strategischer Kompass“ verabschiedet. Danach sollen ab 2025, unter Beteiligung aller EU-Mitgliedsstaaten, 5000 Soldaten aus allen Waffengattungen durchgehend für Einsätze zur Verfügung stehen. Das geht über den Konflikt mit Russland hinaus. Sollfrank erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass sich derzeit noch rund 2500 Bundeswehr-Soldaten im Irak oder Mali in „Stabilisierungseinsätzen“ befänden.

Nach langer Pause wieder ein Empfang in Ulm

Am Donnerstagabend sprach der Ulmer Befehlshaber beim traditionellen sicherheitspolitischen „Kornhaus-Empfang“. „Ich wünsche mir, dass wir zusammenhalten“, sagte er dabei den geladenen Gästen aus Politik und internationalem Militär.