Donald Trump tut so, als könne er den Krieg in der Ukraine in Kürze beenden. Aber wie will er Wladimir Putin zum Einlenken zwingen? Bisher sind es nur große Sprüche, die der künftige US-Präsident bietet, kommentiert Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Das erste große Versprechen des Donald Trump in Sachen Ukraine hat sich schon in Luft aufgelöst. „Wenn ich Präsident wäre, würde ich den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden“, hatte er im Wahlkampf immer wieder getönt. Wenige Tage vor dem Wiedereinzug ins Weiße Haus vergrößert Trump das Zeitfenster schon mal ordentlich. Jetzt hofft er nach eigenen Angaben, dass der Krieg beendet wird „lange bevor sechs Monate rum sind“.

 

Wenig spricht dafür, dass es so schnell zu einem dauerhaften Frieden im Osten Europas kommt. Dafür ist die Sache zu brisant, zu komplex, zu dynamisch.

In den letzten Monaten erzeugte Trump den Eindruck, als ginge es vor allem darum, die Ukraine an den Verhandlungstisch zu bringen. Dabei ist das kein Problem: Die USA haben alle Machtmittel in der Hand, Präsident Wolodymyr Selenskyj zum Einlenken zu bewegen; sie müssen nur am Geldhahn drehen, Waffenlieferungen zurückfahren und politischen Druck machen. Eine einfache Sache also.

Der„Dealmaker“ macht Fehler

Die alles entscheidende Frage hat Trump dagegen bis heute nicht beantwortet: An welchen Hebeln will er ziehen, um Russlands Präsident Wladimir Putin große Zugeständnisse abzutrotzen, die für einen belastbaren Friedensvertrag zwingend notwendig sind?

Der angeblich so großartige „Dealmaker“ Trump hat wesentliche Verhandlungstrümpfe schon vorab aus der Hand gegeben. Seinen Wählern versprach er, auf jeden Fall weniger Geld und Waffen nach Kiew zu schicken als der scheidende US-Präsident Joe Biden. Und nun seien die Europäer dran, sich um diesen Krieg zu kümmern. Amerika habe Wichtigeres zu tun. Putin wird sich angesichts dieser Ansagen vergnügt die Hände reiben. Er ist im Moment klar in der Vorhand. Politisch wie militärisch.

Auf dem Schlachtfeld läuft es gut für ihn. Die russische Armee macht beständig Geländegewinne, auch wenn dafür jeden Monat viele tausend Soldaten ihr Leben lassen müssen. Die ukrainische Armee ist nach inzwischen drei Kriegsjahren erschöpft, das Land insgesamt durch die umfassende Beschädigung ihrer Infrastruktur und wirtschaftlichen Basis stark geschwächt. In den europäischen Staaten gewinnen gleichzeitig die politischen Kräfte an Einfluss, die von einem harten Kurs gegen Russland gar nichts halten: Orban, Fico, Kickl, Le Pen, Weidel, Wagenknecht – die Namensliste ist lang.

Drei mögliche Szenarien

Aus Sicht Putins gibt es im Moment wohl drei Szenarien, wie es weitergeht:

Szenario Eins: Der Kreml-Chef ignoriert alle Friedensappelle und führt seinen Krieg gegen die Ukraine einfach weiter – in der Erwartung, dass sich sein Wille und die russische Militärmacht am Ende gegen die westliche Kriegsmüdigkeit durchsetzt.

Szenario Zwei: Er lässt sich auf einen Waffenstillstand ohne Friedensvertrag ein – und nutzt dann die Zeit, um nach weiterer Aufrüstung und personeller Aufstockung erneut anzugreifen. So wie er es unter Bruch der Minsker Verträge nach dem Kriegsbeginn 2014 schon einmal gemacht hat.

Szenario Drei: Er muss sich doch auf einen umfassenden Friedensvertrag einlassen, der so starke Sicherheitsgarantien für die Ukraine enthält, dass Russland auf sehr lange Zeit von einer neuen Attacke auf sein Nachbarland abgeschreckt wird.

Für Trump kann eigentlich nur das dritte Szenario akzeptabel sein, will er nicht als machtloser Sprücheklopfer erscheinen. Wenn am Ende die Ukraine aus dem westlichen Verbund herausgerissen und Moskaus Herrschaftswillen unterworfen sein sollte, wird das global als Zeichen amerikanischer Schwäche gedeutet werden. Nicht nur Russland würde dieses Ergebnis feiern, sondern auch China, Iran und Nordkorea.

Das amerikanische Dilemma

Wie aber soll Trump den russischen Präsidenten zu einem dauerhaften Frieden zwingen? Er könnte beispielsweise alle Länder mit harten Sanktionen überziehen, die weiterhin russisches Öl für teures Geld kaufen – um so der Kriegsmaschinerie des Kreml den Saft abzudrehen. Oder umgekehrt den Russen große Wirtschaftsvorteile für die Nachkriegszeit versprechen. Der neue US-Präsident könnte die ukrainische Armee mit viel mehr Waffen als bisher ausstatten, sodass Putin keine Aussicht mehr auf weitere Eroberungen hat. Er könnte die Ukraine schnell und unumkehrbar in die Nato holen.

Das Dilemma ist damit offensichtlich: Trump wird eine für ihn günstige Wende im Ukraine-Krieg nur bewirken, wenn er Dinge tut, die ihm selber weh tun. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass er dazu bereit ist. Der Krieg in der Ukraine wird deshalb wohl noch länger andauern – auch mit Trump.