Am Heizölmarkt zeigen sich erste Anzeichen einer Panik – obwohl die Versorgung derzeit gesichert ist. Die Preise klettern deutlich. Wer keine Risiken eingehen wolle, sollte bald bestellen, lautet der Expertenrat.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine sind die Ölpreise deutlich nach oben gegangen. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete erstmals seit siebeneinhalb Jahren mehr als 100 Dollar (88,8 Euro). Zuletzt zog der Brent-Preis um 4,50 Dollar (4,65 Prozent) auf 101,34 Dollar an. Somit ist der Brent-Preis in diesem Jahr bereits um rund 30 Prozent gestiegen, nachdem sich der Kurs schon im vorigen Jahr verdoppelt hatte. Das amerikanische Öl liegt schon bei ungefähr 95 Dollar pro Fass.

 

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Dass dies nicht ohne Auswirkungen auf den Endverbraucher bleibt, ist klar. Am Donnerstagmorgen gegen 9.30 Uhr notierte der Heizöl-Durchschnittspreis nach Angaben des Vergleichsportals Esyoil bei 96,23 Euro pro 100 Liter – nach 93,70 am Vortag. Für Baden-Württemberg werden sogar 97,47 Euro (plus 4,46 Euro) angegeben. Am wenigsten teuer ist es bundesweit betrachtet derzeit noch in Nordrhein-Westfalen mit 93,64 Euro – während Mecklenburg-Vorpommern schon bei 100,73 Euro im Schnitt liegt. Das Portal Heizöl24 nennt einen Durchschnittspreis von 101,49 Euro pro 100 Liter.

Über der magischen Grenze von 100 Euro

Bei einer Abnahme von 3000 Litern liegen die Angebote der Händler – zum Beispiel für Stuttgart – dem Vergleichsrechner zufolge schon fast gänzlich über der magischen Grenze von 100 Euro. Demnach werden bei dieser Liefermenge Preise von mehr als 3000 Euro aufgerufen.

Die Kaufbereitschaft ist hoch. Soll der Kunde jetzt bestellen oder noch abwarten? Eine Prognose fällt insofern schwer, weil sie stark von den politischen und militärischen Aktivitäten in der nächsten Zeit abhängt. Weil Russlands Präsident Wladimir Putin den Angriff gut vorbereitet hat, dürfte er nicht so rasch das Zeichen zum Rückzug geben. Entsprechend wird der Westen mit immer schärferen Sanktionen antworten.

Jetzt über eine Bestellung nachdenken

Dies spricht für eine länger währende Eskalationsspirale. Insofern müsste jeder Kunde, dessen Heizöltank jetzt nur noch spärlich gefüllt ist, dringend über eine Bestellung nachdenken. Denn kurzfristig ist mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen. Wer keine Risiken eingehen will, sollte rechtzeitig bestellen, ohne in Panik zu verfallen, so der Expertenrat. Denn Panikstimmung zeige sich bereits am Heizölmarkt – was kurzfristig heftige Ausschläge erwarten lässt.

Große Abhängigkeit von Importen aus Russland

Deutschland ist enorm abhängig von der Energieversorgung aus Russland: 2020 importierte Deutschland 42 Prozent seines Rohölbedarfs von dort. Beim Erdgas beträgt der Anteil sogar 55 Prozent. Russland ist zweitgrößter Ölproduzent der Welt und liefert hauptsächlich nach Europa. Insofern würde ein anhaltender Konflikt mit verschärften Sanktionen auch die Preise massiv beeinflussen.

Ölversorgung bislang ungestört

Die Ölversorgung Europas laufe bislang ungestört, heißt es in der Esyoil-Analyse von Steffen Bukold. Eine Unterbrechung der Pipelineimporte hätte vor allem für Ostdeutschland gravierende Folgen, denn die Großraffinerien in Schwedt und Leuna würden über die Nördliche Druschba-Pipeline aus Russland versorgt, die durch Belarus und Polen verläuft, aber nicht durch die Ukraine. Die Südliche Druschba-Pipeline sei für deutsche Raffinerien weniger bedeutsam. Sie verlaufe über Belarus und den Westen der Ukraine. Der größere Teil der Rohölexporte werde jedoch mit Tankern über russische Häfen abgewickelt – entweder über die Ostsee oder über das Schwarze Meer.

Es gibt mittelfristig eine Hoffnung: den Iran

Nun geht es vor allem um eine Stabilisierung der Energiemärkte. Japan und Australien haben schon angekündigt, zusammen mit anderen Mitgliedsstaaten der internationalen Energieagentur sofern nötig die Ölreserven anzuzapfen. Mittelfristig liegt auch eine Hoffnung auf den Atomverhandlungen mit dem Iran, die vor einem Abschluss stehen sollten. Dann könnten die US-Ölsanktionen gelockert werden – und große Mengen des iranischen Öls kämen auf den Markt. Das Angebot würde wieder größer, was einen preisdämpfenden Charakter hätte.

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