Die Juristin zieht sich aus der UN-Untersuchungskommission für Syrien zurück. Sie stellt dem Gremium eine Bankrotterklärung aus, kommentiert unser Politikredakteur Knut Krohn.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Die Frustration bei Carla Del Ponte sitzt tief. Fünf Jahre lang saß die ehemalige UN-Chefanklägerin in der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen für Syrien, nun wirft sie das Handtuch – und rechnet scharf mit der Arbeit des Gremiums ab. Die Kommission würde schlicht „nichts tun“. Immer wieder hat die streitbare Schweizerin versucht, die Beteiligten zu bewegen, die Krise einzudämmen und der Bevölkerung zu helfen.

 

Schlimmer als in Ruanda

Doch genau das Gegenteil ist passiert. Der Krieg, in dem inzwischen mehr als 330 000 Menschen wurden getötet worden sind, sei längst schlimmer als derjenigen in Ruanda oder im ehemaligen Jugoslawien. Die Frau weiß, wovon sie redet: Del Ponte war von 1999 bis 2007 Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag für die Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien sowie für den Völkermord in Ruanda.

Ein Leben in der Hölle

Der UN-Sicherheitsrat ist angesichts der Katastrophe blockiert und hat nichts weiter als Lippenbekenntnisse zu bieten. Syrien ist für die Weltmächte längst zum bloßen Spielball ihrer Interessen geworfen. Carla Del Ponte ist aber nicht nur enttäuscht von den Vereinten Nationen. Das Land ist für die dort lebenden Menschen zur Hölle geworden, wo es kein Gut und kein Böse mehr gibt. Die Regierung des Präsidenten Baschar al-Assad verübe „schreckliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und setze Chemiewaffen ein. Die Opposition bestehe nur noch aus „Extremisten und Terroristen“, so die Beschreibung der Juristin.

Die Kommission reagiert geschäftsmäßig

Selbst angesichts dieser vernichtenden Abrechnung mit der Untersuchungskommission, reagieren dessen Mitglieder kühl geschäftsmäßig – was in diesem Fall mehr als zynisch klingt. Es sei die Aufgabe des Gremiums, in seiner Arbeit nicht nachzulassen. Bemühungen seien „mehr denn je nötig“. Solche empathielosen Sätze beschreiben sehr genau die Haltung der Untersuchungskommission, wegen derer Carla Del Ponte nun dem UN-Gremium eine Bankrotterklärung ausgestellt hat.