Unter dem Krieg in Syrien leiden die Kleinsten ganz besonders. Ein Vater hat einen Weg gefunden, um den Schrecken für seine dreijährige Tochter zumindest etwas zu lindern.

Beirut - Abdullah Mohammed würde alles für seine Tochter tun. Auch wenn es bedeutet, beim Dröhnen herabfallender Bomben mit ihr einfach draufloszulachen. Denn das hilft seiner Kleinen, ihre Furcht zu überwinden. In Idlib gibt es in dieser Hinsicht viel zu lachen. Die Provinz im Nordwesten Syriens ist die letzte noch verbliebene Hochburg der Opposition in dem kriegszerrütteten Land.

 

Fast eine Million Menschen wurden vertrieben

Schon seit Anfang Dezember ist Idlib das Ziel einer unerbittlichen Offensive und unablässiger Bombardements der von Russland unterstützten syrischen Regierungstruppen. Mehr als 900 000 Menschen sind aus ihren Häusern vertrieben worden und seitdem auf der Flucht. Sie leben in Zelten, in verlassenen Gebäuden, behelfsmäßigen Unterkünften und auf dem offenen Feld nahe der Grenze zur Türkei.

Als Truppen vor zwei Monaten auf seine Heimatstadt Sarakeb vorrücken, flieht auch Mohammed mit Frau und Tochter. Es zieht sie ins weiter nördlich gelegene Sarmada, wo sie in einem verlassenen Haus leben. Ein Freund hat es ihnen zur Verfügung gestellt.

Video geht um die Welt

Über Nacht öffnet sich Mohammed und seiner drei Jahre alten Tochter Salwa in ihrem Versteck das Tor zur Welt. Sie haben ein Handy-Video aufgenommen, das zum Symbol für den Schrecken geworden ist, den viele Kinder in Syrien erleben müssen. Die Bilder von Abdullah und Salwa machen die Runde in sozialen Medien.

In dem Video trägt das Kleinkind ein rosafarbenes Kleid und steht auf einem Sofa neben ihrem Vater. Mohammed fragt seine Tochter: „Ist das ein Flugzeug oder eine Granate?“ Salwa antwortet: „Eine Granate, und wenn sie fällt, werden wir lachen!“ Als in der Ferne das Donnern der Explosion zu hören ist, macht das kleine Mädchen einen Hopser und bricht in hysterisches Kichern aus. Ihr Vater macht mit. „Das ist lustig, nicht wahr?“, sagt er.

Salwa ist mit den Bombengeräuschen aufgewachsen

Bombengeräusche hört Salwa schon ihr ganzes Leben lang. Als Baby hatte sie deswegen noch keine Angst, doch das änderte sich nach ihrem ersten Jahr. Eines Tages waren sie zum Fest des Fastenbrechens zum Ende des Fastenmonats Ramadan zu Hause in Sarakeb. Kinder feierten mit Feuerwerkskörpern, als es plötzlich in der Nähe einen großen Knall gab.

„Sie hatte Angst, aber ich ging mir ihr heraus und zeigte ihr, dass Kinder spielten und lachten...sie war überzeugt“, erinnert sich Mohammed. Da kam ihm die Idee, den Lärm der Bomben mit Gelächter und spielenden Kindern zu verbinden - und sich dabei selbst mit seiner Tochter lachend zu filmen, wenn Kampfflugzeuge kommen.

Wann immer sie die Jets oder Granaten hörten, drehe sich Salwa zu ihm um und warte auf seine Reaktion, sagt Mohammed. Dann zückt er sein Handy für ein Selfie-Video und sie warten, bis es etwas zu Lachen gibt. Kürzlich sah Mohammed seiner Kleinen dabei zu, wie sie mit Lego-Steinen spielte. Ihr Haar war zu Zöpfen gebunden, sie trug zudem ein blaues Kleidchen.

„Große Hoffnungen existieren nicht mehr“

Der Krieg habe die Hoffnungen und Träume seiner Generation und jener der Kinder weggewischt, sagt Mohammed. „Das Höchste, das ich mir erhoffen kann, ist am Leben zu bleiben, zusammen mit meiner Tochter und allen anderen. Wir haben die größeren Hoffnungen vergessen, sie existieren nicht mehr.“

Wenn Mohammed darüber spricht, überwältigen ihn die Gefühle. Er wisse sehr wohl, dass die Bomben, über die sie lachten, jemand anderem im gleichen Moment womöglich das Leben nähmen. „Vielleicht treffen sie ein Zelt oder ein Kind, und das ist natürlich nicht lustig“, räumt Mohammed ein. „Aber ich lache, damit meine Tochter dadurch nicht beeinträchtigt wird. Und wenn die Granaten auf uns fallen, ist es besser, lachend zu sterben, als verängstigt zu sterben.“