Der Botschafter der Ukraine hofft, dass auch die neue Bundesregierung ihren Kurs in der Krim-Frage beibehält – trotz einer möglichen FDP-Beteiligung.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Andrij Melnyk konnte sich seinen etwas undiplomatischen Kommentar nicht verkneifen. Via Twitter gratulierte der Ukrainische Botschafter in Berlin FDP-Chef Christian Lindner zum Einzug der Liberalen in den Bundestag – versehen mit dem Hinweis auf die immer wieder missachteten Menschenrechte auf der Krim. Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl, hatte Lindner doch vor der Wahl dafür plädiert, den Konflikt auf der Krim als „eingefrorenen Konflikt“ zu akzeptieren. Die Empörung auf ukrainischer Seite war entsprechend groß.

 

Die Liberalen auf der Regierungsbank

Nun zeichnet sich ab, dass die Liberalen demnächst mit auf der Regierungsbank sitzen und damit auch einen gewissen Einfluss auf die Außenpolitik nehmen könnten. In Sachen Ukraine hofft Botschafter Melnyk allerdings auf die Richtungsgebungskompetenz von Angela Merkel. Die hatte sich immer wieder für die Forderungen der Ukraine gegenüber Russland stark gemacht. „Wir sind zuversichtlich, dass der klare Kurs für die Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität, der von der Bundeskanzlerin vorgegeben wurde, in einer neuen Koalition, auch mit der FDP, fortgesetzt und nicht aufgeweicht wird“, sagt der Diplomat.

Menschenrechtsverletzungen auf der Krim

Diese kritische Haltung gegenüber Russland erscheint dem Botschafter umso wichtiger, da das UN-Menschenrechtsbüro in diesen Tagen Russland schwere Menschenrechtsverstöße auf der 2014 annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim vorwirft. Unter der russischen Herrschaft habe auch die Minderheit der Krimtataren zu leiden, deren Interessenvertretung Medschlis verboten worden sei, heißt es in einem in Genf vorgestellten Bericht. Die unabhängige Berichterstatterin Fiona Frazer sprach in ihrem Papier von willkürlichen Festnahmen und Einsperrungen, Fällen von gewaltsamem Verschwindenlassen, Misshandlungen und Folter. In dem Bericht stuft das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) die Krim als vorübergehend besetztes Gebiet ein. Dort hätten nach internationalem Recht weiter die ukrainischen Gesetze zu gelten. Dies widerspricht der Moskauer Auffassung, nach der die Krim ein Teil Russlands geworden ist und damit russische Gesetze gelten.

Die Rolle der AfD im Bundestag

Ein gewisses Unbehagen beschleicht den Botschafter auch angesichts des Einzugs der AfD in den Bundestag. Immer wieder sind deren Anhänger durch bisweilen reichlich kritiklose Annäherungsversuche an Russland aufgefallen. Andrij Melnyk ist aber überzeugt, dass auch in den Reihen der neuen Rechten Schattierungen gibt. „Es wäre nicht weitsichtig, alle AfD-Parlamentarier pauschal als hoffnungslose Russland-Versteher anzuprangern. Das wäre nicht fair. Wir werden daher um jede Stimme kämpfen“, sagt der Botschafter.