Erpresserbriefe und Morddrohungen sind sein Metier: Der Sprachprofiler Raimund Drommel erkennt die Autoren am Stil.  

Stuttgart - Am 11. Oktober 1987 lag Uwe Barschel tot und vollständig bekleidet in der Badewanne seines Hotelzimmers in Genf. Genau einen Tag, bevor er vor dem Untersuchungsausschuss des schleswig-holsteinischen Landtages aussagen wollte. Selbstmord durch Medikamente, hieß es nach der Autopsie. Ein Jahr später tauchte ein Brief auf, der diese These widerlegen könnte. Es war der wohl spektakulärste Fall, den Sprachprofiler Raimund Drommel analysierte.

 

Nicht nur Drommel glaubt, dass Barschel ermordet wurde. Unter anderem der frühere Barschel-Chefermittler Heinrich Wille und der CDU-Landtagsabgeordnete Werner Kalinka sind überzeugt von der These. Kalinka bat jüngst um eine neue DNA-Analyse von Barschels Kleidung und Fundstücken am Tatort. Die Lübecker Staatsanwaltschaft will das nun tun. "Solche Entwicklungen bestätigen mich natürlich in meiner Arbeit", sagt Drommel.

Jeder Mensch hat eine individuelle Sprachstruktur

Der pikante Brief Barschels war einer der ersten Fälle für Drommel, der seit 1986 Sprachprofiler ist. Heute ist er einer der renommiertesten Sprachsachverständigen weltweit und Experte für Erpresserbriefe, Cybermobbing oder Morddrohungen. Er untersucht Schriftstücke und Nachrichten auf sprachliche Besonderheiten, um so den Urheber zu bestimmen. In seinem Buch "Der Code des Bösen" gibt er Einblicke in seine Methoden und erzählt von seinen spektakulärsten Fällen.

"Jeder Mensch hat ein sprachliches Individualprogramm, einen individuellen Code, der auch durch Verstellen und bei erzwungenen Geständnissen nicht verändert werden kann", sagt Drommel. Für seine Analysen nutzt er etwa die computergestützte Konkordanzanalyse, mit der übereinstimmende Formulierungen gefunden werden. Allein die Wortwiederholungsschema können Aufschluss über eine Person geben. "Michael Ballack benutzt zum Beispiel ständig die Wendung Wie gesagt', wobei er sich meist nicht auf etwas bereits Gesagtes bezieht." Und Louis van Gaal: "Er könnte sich wahrscheinlich selbst in einem kurzen Text ein Ich denke' nicht verkneifen." Aber zu Drommels Analysen gehören auch Kriminalistik und Psychologie.