Die Daten auf Facebook, Twitter und Co. geben Aufschluss über Pläne der Nutzer. Diese Informationen nutzen auch die Ermittler der Polizei.

Hannover - Mit offenem Visier arbeitet die Polizei Hannover im Internet: Auf einer eigenen Facebook-Seite bittet sie in verschiedenen Fällen um Mithilfe der Bürger. Das nordrhein-westfälische Innenministerium lässt zurzeit eine iPhone-App für Fahndungsaufrufe und Pressemitteilungen entwickeln. Auch verschiedene Formen des verdeckten Einsatzes werden zurzeit entwickelt. Als mögliche Einsatzfelder gelten Vermisstenfälle, Amoklauf- und Suizidankündungen, aber auch Ermittlungen gegen Urheberrechtsverletzungen und Beleidigungen.

 

Das Bundeskriminalamt (BKA), die Bundespolizei und der Zoll ermitteln inzwischen selbstverständlich in sozialen Netzwerken wie Facebook, den VZ-Netzwerken und Wer-kennt-wen. Sie wollen auf diese Weise vor allem bereits gewonnene Erkenntnisse verdichten, teilte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag mit. Die Fahnder nutzten fallbezogen öffentlich verfügbare Informationen. Erst in vier Fällen habe das Bundeskriminalamt Daten aus sozialen Netzwerken an die zuständigen Dienststellen weitergeleitet. Dabei ging es um die Abwehr von konkreten Gefahren für Personen.

Nutzer generieren interessante Daten

Mit Twitter, Youtube, Facebook und Co generieren Nutzer immer mehr interessante Daten. Diese eignen sich dafür, Beziehungen zwischen Menschen auf einfache Weise auszuforschen. Wissenschaftler haben gezeigt, dass mit diesen Daten Verhaltensanomalien entdeckt, Interessen von Gruppen vorhergesagt, Trends identifiziert oder das Mobilitätsverhalten ausgewertet werden kann. Allein mit Facebook mit seinen 20 Millionen Nutzern in Deutschland ließen sich Beziehungsgeflechte kartieren. In der Zeitschrift "Kriminalistik" haben Polizeiexperten vorgeschlagen, die Daten aus den sozialen Netzwerken mit polizeilichen Datenbanken wie INPOL abzugleichen - ergänzend zur Telefonüberwachung und zu Observationen.

Die Fahnder ermitteln in den Netzen auch unter falschem Namen. Bekannt ist lediglich, dass sechs verdeckte BKA-Ermittler in den vergangenen zwei Jahren in den sozialen Netzwerken unterwegs waren. Doch in keinem einzigen Fall hatte die Auswertung der ermittelten Daten zum Erfolg geführt. Mangels Statistik kann die Bundesregierung nichts darüber sagen, wie oft es zu solchen Ermittlungen gekommen ist.

Die Ermittlungen sind nicht unumstritten

Als Verschlusssache sind Informationen darüber klassifiziert, ob verdeckte Ermittler auch strafbare Inhalte in den Netzwerken weitergegeben haben. Klar verneint die Regierung allerdings die Frage, ob gezielt "Honigtöpfe" für bestimmte Gruppen ausgelegt werden. In den USA beispielsweise ist die CIA dafür bekannt, falsche Propagandaseiten ins Netz zu pflanzen. Sie versuchen Terroristen und Sympathisanten anzulocken. Die Behörden überwachen die Nutzeraktivitäten, um so rechtzeitig von Anschlagsplänen zu erfahren. 

Die offenen wie verdeckten Ermittlungen sind nicht unumstritten. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hatte in seinem jüngsten Tätigkeitsbericht darauf hingewiesen, dass die Ermittlungen mit der Rechtsunsicherheit verbunden seien, ab welchem Recherchestadium ein Eingriff in die Grundrechte der Bürger vorliegt. Er empfahl spezielle gesetzliche Regelungen, um keine Grauzone entstehen zu lassen. Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass die Verwendung von offenen Quellen sowie die Beobachtung öffentlicher Chats mit den Grundrechten zu vereinbaren ist.

Die Datenauswertung hat Potential

Eine Auswertung der Daten hat jedenfalls großes Potenzial: In den USA wird bereits darüber nachgedacht, diese Daten für die Notfall- und Katastrophenkommunikation zu verwenden oder um Stimmungen in der Bevölkerung aufzunehmen. In Indien entwickelten Forscher basierend auf einer Auswertung der zivilen Reaktionen auf die Terroranschläge in Jakarta und Mumbai bereits eine Methode, um die Reaktionen der Zivilbevölkerung strukturiert auswerten zu können. Damit sollen Behörden schneller auf Bedrohungen reagieren können.