Auffällig viele Einbrecherbanden werden zurzeit in der Region Stuttgart gefasst und die Täter zu langen Strafen verurteilt. Die Verurteilten stammen häufig aus den ärmsten Regionen Osteuropas.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Erst vorige Woche haben Richter am Landgericht einen Serientäter wegen 17 Einbrüchen in der Region für siebeneinhalb Jahre hinter Gitter geschickt. Ende Juni erhielt ein 25 Jahre alter Mann wegen 30 Einbrüchen im Großraum Stuttgart eine Strafe von fünf Jahren, ein weiterer 26 Jahre alter Mann wegen 21 Fällen eine von fünfeinhalb Jahren.

 

Der Anstieg bei den Einbruchszahlen in Stuttgart und in der Region spiegelt sich auch an den Gerichten wider: Da immerhin etwa jeder sechste Fall aufgeklärt werden kann, haben die Richter allerhand zu tun: Allein am Landgericht sind seit Anfang 2015 bisher mehr als ein halbes Dutzend Prozesse mit jeweils bis zu fünf Angeklagten wegen sogenannten schweren Bandendiebstahls verhandelt worden oder laufen noch. Hinzu kommen zahlreiche Verfahren an den Amtsgerichten im Großraum Stuttgart, an denen die Wohnungseinbrüche auf der Tagesordnung stehen, die nicht so schwerwiegend sind und für die Haftstrafen von bis zu vier Jahren drohen.

Der Nachweis einzelner Einbrüche ist oft schwierig

Am Landgericht gab es indes im Laufe des Jahres bereits einige deutlich höhere Strafen – insbesondere dann, wenn die Täter einschlägig vorbestraft waren. Eines der umfangreichsten Verfahren der jüngeren Zeit ging erst vor Kurzem zu Ende: Vor einem Jahr waren der Polizei in Stuttgart in einer Wohnung an der Augsburger Straße drei Männer ins Netz gegangen, bei denen umfangreiche Beute entdeckt worden war. Anfangs war die Rede von mehr als 100 Taten. Doch verurteilt wurden die Männer im Alter von 25, 29 und 31 Jahren wegen lediglich 14 Einbrüchen.

Trotz eines groß angelegten Zeugenaufrufs konnten die meisten Beutestücke keiner Tat zugeordnet werden. Es bleibt beim Verdacht, dass die Taschen, Uhren und Rucksäcke gestohlen wurden. Für eine Verurteilung reichte dies aber nicht. Das Trio erhielt für die nachgewiesenen Taten dennoch Haftstrafen von bis zu fünfeinhalb Jahren. Fünf Komplizen der Bande, die später gefasst wurden, müssen bis zu zwei Jahre und drei Monate hinter Gitter.

Strafrabatt für Geständnisse

Allseits stöhnen die Richter auf, wenn sie sich mit Bandendiebstählen befassen müssen. Die Beweisaufnahmen gelten als aufwendig, denn die allermeisten Angeklagten streiten ab, an solchen Taten beteiligt gewesen zu sein. Angesichts der oft erdrückenden Beweislast durch die Handyortung der Täter und sogar dem Abhören der Gespräche enden die meisten Prozesse aber doch vorzeitig im Zuge einer sogenannten Verständigung. Im Gegenzug für ein Geständnis der Angeklagten stellen die Richter Urteile in Aussicht, bei denen ein „Rabatt“ bei der Dauer der Gefängnisstrafe winkt – von bis zu einem Drittel.

Auffällig ist, dass unter den Verurteilten zahlreiche Täter sind, die aus Ländern kommen, in denen große Armut herrscht. Insbesondere Georgier sind unter den Tätern, von denen einige in Deutschland Asyl beantragt haben. So manchem Richter ist angesichts dieses Umstandes schon fast der Kragen geplatzt: „Deutschland ist kein Selbstbedienungsladen“, herrschte ein Kammervorsitzender vor Kurzem drei Georgier nach der Verkündung mehrjähriger Gefängnisstrafen an. Die Männer hätten Stehlen mit Arbeit verwechselt und das Asylrecht missbraucht. Mehr als 20-mal waren die Männer in der Region in Wohnungen eingestiegen und hatten Beute im Gesamtwert von mehreren Tausend Euro gemacht. Ein anderer Richter hob hervor, welche Folgen die Taten für viele Geschädigte haben: dass es diese Menschen psychisch kaum oder gar nicht mehr ertragen, dort zu leben, weil sie befürchten, dass wieder eingebrochen werden könnte.

Armut ist einer der wesentlichen Auslöser

An den Tätern scheinen die strengen Worte und der Appell an das Mitgefühl für die Geschädigten oft abzuperlen. „Für viele Täter ist es immer noch besser, in Deutschland in Haft zu sitzen, als in ihren Herkunftsländern wegen der wirtschaftlichen Aussichtslosigkeit ein Leben in Armut zu fristen“, sagt ein Rechtsanwalt.

Tatsächlich ist die eigene Armut oft ein wichtiger Auslöser dafür, von Georgien, Serbien, Bosnien oder aus anderen Ländern, deren Wirtschaft am Boden liegt, alle Skrupel fallen zu lassen und in Deutschland auf Beutetor zu gehen. Immer wieder schildern Täter, dass sie ihr Leben gerade so meistern konnten – bis sie Vater wurden. „Babynahrung, Fläschchen und Windeln kosten bei uns so viel wie hier in Deutschland. Die medizinische Versorgung ist teuer“, berichtete vor kurzer Zeit ein Serientäter aus Serbien. „Wie sollte ich das Leben meiner Familie mit 300 Euro finanzieren?“