Die Polizei in der französischen Hauptstadt registriert einen steilen Anstieg der Überfälle. Die Räuber gehen dabei immer brutaler vor.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - Die Touristen kehren nach Paris zurück. Viele Monate waren die Straßen der Stadt wegen der Ausgangssperren während der Corona-Pandemie wie ausgestorben, nun aber füllen sich die Boulevards langsam wieder mit Leben. Doch nicht nur die Zahl der Übernachtungen nimmt zu, sondern auch die der Straftaten. Zur Luxus-Stadt Paris passt natürlich ein entsprechendes Luxus-Delikt: der Diebstahl von sündhaft teuren Uhren. Seit Anfang des Jahres sind nach Recherchen der Tageszeitung „Le Figaro“ fast 70 Attacken registriert worden. Die Dunkelziffer dürfte aber höher liegen, denn manche Opfer melden sich aus Scham nicht bei der Polizei.

 

Die Räuber werden immer brutaler

Auffallend sei, so geben die Beamten zu Protokoll, die zunehmende Brutalität der Räuber. So wurde in diesen Tagen im 10. Arrondissement ein 56-jähriger Mann von vier Unbekannten niedergeschlagen, als er seinen Motorroller aufschließen wollte. Es war eine Aktion von Sekunden, die Diebe stahlen nur seine rund 12 000 Euro teure Rolex-Uhr. Kurz darauf wurde ein 86-Jähriger von zwei Gestalten in den Eingang seines Hauses verfolgt. Als der alte Mann den Aufzugknopf drücken wollte, erhielt er einen brutalen Schlag von hinten. Die Beute der Diebe: eine Rolex im Wert von 15 000 Euro. „Die Wochen vergehen und die Zahl der Überfälle scheint exponentiell zu steigen“, sagt Kommissar Julien Herbaut, Leiter der Abteilung Territoriale Sicherheit ST75 in Paris.

Die Diebe kennen den Wert der Uhren

Viele der Diebe seien keine Amateure, ist die Polizei überzeugt. Die Räuber müssen den Wert einer Uhr auf einen Blick erkennen und dann schnell zuschlagen. Auch haben es die Räuber nur auf die luxuriösen Chronometer abgesehen, nie sind andere Schmuckstücke oder die Geldbörse gestohlen worden. Zudem sind fast nur Männer Ziel der Attacken. Die Ermittler erklären diese Beobachtung damit, dass bei ihnen Uhren eher als Statussymbol herhalten müssen und Männeruhren in den allermeisten Fällen wertvoller sind. Den traurigen Rekord hält ein Tourist aus den Emiraten, dem im vergangenen Jahr auf dem Weg in sein Hotel ein Richard-Mille-Modell im Wert von 900 000 Euro abgenommen wurde.

Rolex-Uhren bei Dieben sehr beliebt

Oft nehmen die wertvollen Beutestücke alle denselben Weg. Viele werden zuerst schnell nach Großbritannien geschmuggelt, wo sie umgearbeitet werden. Von dort geht es in die Türkei, von wo sie für den halben Originalpreis in die reichen arabischen Staaten oder nach Taiwan verkauft werden.

Die zunehmende Brutalität der Überfälle erklären sich die Polizisten damit, dass immer mehr junge Männer aus den armen Vorstädten erkannt haben, dass sie auf diese Weise ziemlich gefahrlos in wenigen Minuten viele Tausend Euro verdienen können. Viele Täter seien inzwischen zwischen 16 und 20 Jahre alt. Auch die Art der Beute habe sich verändert. Weil sich die jugendlichen Neulinge in der Welt der Luxusuhren nicht so gut auskennen, würden sie vor allem Rolex-Uhren stehlen. Die seien für sie leicht zu erkennen, vor allem die Modelle Datejust oder Daytona.