Der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) sieht trotz der verbesserten Zahlen in der Kriminalitätsstatistik längst noch keinen Anlass zur Entwarnung und kritisiert, dass zu wenig Polizisten im Einsatz seien.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Fast 16 Prozent weniger Straftaten in Backnang – landesweit hingegen seien die Zahlen 2018 im Vergleich zum Vorjahr lediglich um rund 1,3 Prozent gefallen, im Landkreis um etwa 2,6 Prozent. Diese Zahlen hat der Leiter des Polizeireviers Backnang, Ulli Eder, am Donnerstagabend in der letzten Sitzung des Backnanger Gemeinderats vor der Sommerpause genannt.

 

Eine Familie verbessert die Statistik enorm

Der deutliche Rückgang in der Murrstadt habe allerdings zu einem Großteil mit „einer gewissen Familie“ zu tun. Diese Familie und deren Clan habe die Polizei in Atmen gehalten, so Eder. Als eine Person in Haft genommen werden konnte, seien die Zahlen der Diebstähle deutlich zurückgegangen. Einige der Täter, die zu der besagten Familie gehören, seien nun abgeschoben worden.

Bei der sogenannten Kriminalitätsbelastung, einer auf 100 000 Einwohner hochgerechneten Zahl, liege Backnang (5212) im Landkreis hinter Fellbach (6387) und Winnenden (5428). Dass Backnang die rote Laterne abgegeben hat, so OB Frank Nopper (CDU), sei aber kein Grund zur Entwarnung. Die Sicherheitslage sei über alle Deliktsarten hinweg gesehen nach einem Rückgang 2017 zwar nochmals besser geworden, „aber sie ist immer noch nicht gut genug“.

Bei den Ladendiebstählen dürfte der Rückgang auch mit einem veränderten Anzeigeverhalten zusammenhängen. Eder erklärte, dass viele Ladenbesitzer Diebe nicht anzeigten, denn das sei ihnen „zu teuer“ – sprich sie vergeudeten viel Zeit auf der Polizeiwache und vor Gericht.

Sorge bereite, dass die Zahl der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung den höchsten Stand seit Jahren erreicht habe und auch, dass die Aggressions- und Gewaltdelikte zugenommen haben, so Nopper. Die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen habe sich fast verdoppelt. Die Zahl der Rauschgiftdelikte sei von einem sehr hohen Niveau kommend „signifikant zurückgegangen“, möglicherweise aufgrund weniger Kontrollen im Berichtsjahr 2018.

Die Zahl der sogenannten nichtdeutschen Tatverdächtigen ist über alle Deliktsarten hinweg um fünf Prozentpunkte auf 35,7 Prozent zurückgegangen. Der Anteil der Flüchtlinge an allen Tatverdächtigen hat sich von 9,2 auf 9,4 Prozent leicht erhöht und, so Nopper, bleibe weiter deutlich zu hoch im Vergleich zum wesentlich geringeren Bevölkerungsanteil.

Aufenthaltsverbote während des Straßenfests

Der Rückgang der Kriminalitätshäufigkeit und die vergleichsweise hohe Aufklärungsquote dürften keineswegs Anlass dafür sein, die für den Revierdienst in Backnang tatsächlich verfügbaren Polizeikräfte zu reduzieren. Vor allem durch Altersabgänge im Gesamtbereich des Polizeipräsidiums Aalen ist die Zahl der tatsächlich verfügbaren Polizeikräfte von 86 im Jahr 2016 auf 81 im Jahr 2018 zurückgegangen – mit weiter fallender Tendenz im Jahr 2019. Diese Abwärtsbewegung müsse schleunigst beendet werden, so Nopper. Eder machte indes wenig Hoffnung auf eine rasche Verbesserung. Die Talsohle sei frühestens in zwei Jahren erreicht.

Ute Ulfert (CDU) sagte, sie sei erfreut über die Entwicklung der Straftaten-Zahlen. Armin Dobler (SPD) sprach von einer „guten Nachricht“, Sorge bereite ihm die Gewalt gegen Polizeibeamte. Steffen Degler (AfD) wollte wissen, ob auch die Straftaten von Deutschen mit ausländischen Wurzeln erfasst würden. Nein, sagte Eder. Nopper erklärte, die Polizei müsse immer „stark durchgreifen“. Und Eder erinnerte Nopper augenzwinkernd daran, dass „wir ein Rechtsstaat sind“. Die Gerichte seien gefordert, alle Täter möglichst schnell zu verurteilen.