Die polizeiliche Kriminalstatistik vermittelt kein Bild über die Sicherheitslage im Land. Eigentlich gibt es keinen Grund, die Zahlen mit großem Brimborium zu verkünden, kommentiert Christian Gottschalk.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Berlin - Für die Innenminister ist in jedem Frühjahr Zeit für Frühsport, Disziplin Spagat. Denn beim Verkünden der polizeilichen Kriminalstatistik gibt es regelmäßig ein Problem. Einerseits muss die Arbeit der Ermittler (und der sie bezahlenden Politik) gelobt werden, es gilt das Sicherheitsgefühl des (Wahl-)Volkes zu heben und die Stimmung sowieso. Andererseits ist zu viel positiver Überschwang schädlich, sonst könnte ja jemand auf den Gedanken kommen, bei der Polizei zu sparen, Überwachungskameras abzubauen oder gesetzliche Grundlagen zu schaffen, die Ermittlern die Arbeit erschweren.

 

Horst Seehofer hat bei seiner Premiere den Spagat hinbekommen, mahnt weiter zur Wachsamkeit und lobt den Rückgang der Straftaten. Doch ob die Zahl der Verbrechen tatsächlich kleiner geworden ist, lässt sich aus dem Zahlenwerk gar nicht herauslesen. Die Statistik schlüsselt nämlich nicht auf, was passiert, sondern das, was der Polizei bekannt ist. Das mag bei Autoaufbrüchen identisch sein, weil man die Anzeige für die Versicherung braucht. Doch Sexualstraftaten werden nicht einmal zu zehn Prozent gemeldet. Für Kriminologen, die tief in das Zahlenwerk hineintauchen, gibt die Statistik wertvolle Hinweise. Um die Sicherheitslage im Land zu beschreiben, taugt sie nicht. Man sollte die Präsentation der Zahlen abschaffen.