Die Polizei stellt erleichtert fest, dass weniger Einbrecher in der Stadt unterwegs sind. Trotzdem sind so viele Straftaten geschehen wie schon seit 20 Jahren nicht mehr.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Kriminalitätsstatistik für das vergangene Jahr weist einen Rekordwert auf: 66 450 Straftaten in einem Jahr ist der Höchststand seit mehr als 20 Jahren. Die Polizei weißt jedoch gleich eingangs auf einen verzerrenden Faktor hin, mit dem sich in Stuttgart die aktuelle weltpolitische Lage niederschlägt: Knapp 4000 Fälle muss man streng genommen abziehen, da es sich dabei um Verstöße gegen das Aufenthalts- beziehungsweise Asylverfahrensgesetz handelt. Das ist der Ankunft von Tausenden Flüchtlingen in der Stadt geschuldet: Sobald sie in Stuttgart als nach Deutschland eingereist registriert werden, begehen sie diesen Verstoß. Dieses Delikt hat um 185 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Dennoch bleibt der Wert auch nach dieser statistischen Bereinigung auf einem Rekordwert. Die Zahl der durch Flüchtlinge begangenen Straftaten ist um 1,9 Prozent gestiegen – also fast auf dem gleichen Niveau geblieben – während die Zahl der in Stuttgart lebenden Schutzsuchenden um 250 Prozent gestiegen sei, betonte der Polizeipräsident Franz Lutz.

 

Es gibt jedoch trotz der Rekordzahl an Straftaten auch Bereiche, in denen das Niveau ähnlich geblieben ist – oder sogar ein deutlicher Rückgang verzeichnet wurde. Dabei fällt vor allem der Wert bei den Wohnungseinbrüchen auf: Zum ersten Mal sei t Jahren der Steigerung sind es weniger geworden, und zwar gleich knapp 30 Prozent weniger, meldet die Polizei. Dieser Rückgang ist so signifikant, dass die Polizei diese Zahlen bereits im Januar veröffentlicht hatte und nicht auf die Präsentation der gesamten Statistik wartete. Der Wert lag mit 903 (2014: 1277) wieder deutlich unter der Grenze von 1000 Fällen, die im Jahr 2013 erstmals erreicht worden war. Der Tiefstwert der vergangenen zehn Jahre lag 2008 bei 581 Fällen. Trotz der seit Jahren steigenden Fallzahlen rangiert Stuttgart auf einem der hintersten – und damit besten – Plätze im Land. Nur in Heidelberg wird seltener eingebrochen, am häufigsten in Heilbronn vor Mannheim und Ulm.

In manchen Werten weicht die Statistik kaum vom bereits recht hohen Vorjahresniveau ab, etwa bei der Rauschgiftkriminalität. 3865 Fälle registrierte die Polizei, die Tendenz ist seit Jahren steigend. Die Polizei ist für diese Steigerung sozusagen selbst verantwortlich: Intern sprechen die Ermittler von „Holkriminalität“. Sprich wenn die Polizei in der Aufklärung der Drogenszene verstärkt aktiv ist, dann schlagen sich auch mehr Fälle nieder. So ist das im vergangenen Jahr gewesen. Mit verstärkten Drogenkontrollen habe die Polizei im Rahmen der Bekämpfung der Straßenkriminalität verhindern wollen, dass sich eine offene Drogenszene beziehungsweise Drogenumschlagplätze etablieren, hieß es in der Präsentation der Statistik. Einschlägig bekannte Orte wurden häufig kontrolliert. Das trifft zum Beispiel für den Schlossgarten und die Klett-Passage zu, wo gambische Drogenhändler seit einiger Zeit aktiv sind .

Für die in den zurückliegenden Wochen hitzig geführte Debatte über Sicherheit im öffentlichen Raum ist die Zahl der sogenannten Aggressiondelikte im öffentlichen Raum (Körperverletzungen) und die sogenannte Straßenkriminalität erheblich. Bei den Schlägereien hat sich die Fallzahl in den vergangenen Jahren auf einem konstant hohen Niveau von rund 3600 Fällen bewegt – so auch 2015. Bei der Straßenkriminalität ist die Zahl der Raubdelikte im Vergleich zu 2014 um acht Fälle gestiegen. Gegenüber 2013 ist ein Rückgang um 20 Fälle zu verzeichnen.