2013 wurden in Baden-Württemberg fast ein Drittel mehr Häuser und Wohnungen aufgebrochen als im Vorjahr. Das ist rekordverdächtig. Die Opposition sieht die Polizeireform als mögliche Ursache, das Innenministerium widerspricht.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Stuttgart - Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wird seine Zahlen über die Entwicklung der Kriminalität in Deutschland offiziell erst am Mittwoch vorstellen. Aber dass die Zahl der Einbrüche bundesweit um 3,7 Prozent auf fast 150 000 gestiegen ist und damit den höchsten Stand seit Langem erreicht hat, ist schon vorher durchgesickert. Am Montag hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) seine Bilanz veröffentlicht, die diesen Trend bestätigt: Bei 150 000 Wohnungseinbrüchen sind 2013 Versicherungsschäden von 480 Millionen Euro entstanden. Im Durchschnitt richteten die Einbrecher bei jedem Delikt einen Schaden von 3300 Euro an.

 

„Zu oft finden Einbrecher nur wenig gesicherte Wohnungen und Häuser“, erklärt Jörg von Fürstenwerth, der Vorsitzende des Versicherungsverbandes. Seit 2007 zeichnen die Daten des Verbands einen kontinuierlichen Anstieg der Wohnungseinbrüche nach. Damals belief sich die Schadenssumme auf 280 Millionen Euro, 2013 waren es bereits 480 Millionen Euro. Allein in den vergangenen vier Jahren sei die Zahl derartiger Diebstähle um 35 Prozent gestiegen.

Ist die Polizeireform mit schuld an dem Anstieg?

Nicht nur in der Branche löst dieser Anstieg Sorge aus. Die Innenminister der Länder haben in den vergangenen Wochen ihre Zahlen an den Bund gemeldet. Demnach war die Entwicklung im Bundesgebiet zuletzt sehr unterschiedlich. Die höchste Zunahme gab es mit 31,8 Prozent auf knapp 11 300 Einbrüche in Baden-Württemberg. Auf Platz zwei und drei dieser Negativ-Hitliste folgen Thüringen (2245 Einbrüche, plus 18,2 Prozent) und Bayern (6385, plus 11,8 Prozent). Am besten sieht es rein statistisch betrachtet in Bremen aus, wo es 2013 fast zwölf Prozent weniger Einbrüche gab als im Vorjahr.

Für den baden-württembergischen CDU-Landeschef Thomas Strobl, der sich im innerparteilichen Rennen um die Spitzenkandidatur für die nächste Landtagswahl warmläuft, sind die Zahlen ein Grund, die grün-rote Landesregierung in Stuttgart massiv anzugreifen. „Wenn wir im Bund drei und in Baden-Württemberg 32 Prozent mehr Einbrüche haben, fragt man sich schon, wie es im Südwesten zu einem derartigen Megaausreißer kommen konnte“, sagte Strobl der Stuttgarter Zeitung. „Der Befund wird noch schlechter, wenn man bedenkt, dass die Aufklärungsquote, die vor ein paar Jahren noch bei etwa 15 Prozent lag, jetzt auf 10,9 Prozent gesunken ist.“ In seinen Augen „sind das die Folgen der überbordenden Bürokratie namens Polizeireform, die im Land Kräfte bindet, zu Selbstbeschäftigung und Frust führt, und deretwegen viele Führungsposten vakant sind“.

Die Aufklärungsquote ist hoch

Das will der Stuttgarter Innenminister Reinhold Gall (SPD) so nicht auf sich sitzen lassen. „Bei der Kriminalitätsbelastung insgesamt bleibt Baden-Württemberg im Ländervergleich weiter auf dem zweitbesten Rang, bei der Aufklärungsquote aller Straftaten belegen wir erneut einen der Spitzenplätze“, sagt er. Im Übrigen seien 40 Prozent der Einbrüche im Land „im Versuchsstadium stecken geblieben.“

Gall ist überzeugt, dass die neu aufgestellte Autobahnfahndungsdienste und die zentralisierte Spurenanalyse die Handlungsmöglichkeiten der Polizei verbessern. „Weil sich gezeigt hat, dass Tätergruppen besonders über die Autobahnen 5 und 8 anreisen, hat unsere Polizei die Zusammenarbeit mit Bayern und den französischen Kollegen intensiviert“, sagt er. Auch das hält der CDU-Mann Strobl nicht für ausreichend. Er fordert die Länder auf, den Datenaustausch zu verbessern und die Bundesbehörden stärker in die Ermittlungen einzubeziehen. „Der Datenaustausch zwischen den Ländern ist gleich null. Wenn diese Diebesbanden in Nordrhein-Westfalen durch sind und zu uns kommen, weiß man in Baden-Württemberg nichts von deren vorherigen Raubzügen und fängt von vorn an. Das muss optimiert werden.“ Außerdem hält Strobl es für geboten, die von Banden verübten Einbrüche als organisierte Kriminalität einzustufen. „Dann wäre es möglich, den Bund und das Bundeskriminalamt in die Ermittlungen einzubeziehen. Darüber müssen die Länder reden.“