Es gibt sie aus Ton und Wachs, aus Holz, Plastik und Papier. Weihnachtskrippen sind im Material sehr variabel. Nicht nur das lehrt die neue Ausstellung im Stadtmuseum.

Gerlingen - Maria und Josef, Ochs’ und Esel, die Hirten, drei Könige und natürlich das Jesuskind. Fertig ist die Krippe – einer der unbedingt nötigen Festgegenstände in vielen Haushalten zur Weihnachtszeit. Doch so einfach ist es auch wieder nicht, und die Krippe ist auch nicht überall nur Deko. Denn das Thema ist sehr, sehr vielfältig. Das lehrt die Ausstellung „Auf Stroh gebettet – Weihnachtskrippen aus aller Welt“, die am kommenden Sonntag im Gerlinger Stadtmuseum eröffnet wird. Es ist ein Dorado für kulturgeschichtlich Interessierte – genau 100 Beispiele für weltweite Volksfrömmigkeit.

 

Entstanden sind Weihnachtskrippen im 16. Jahrhundert, erläuterte die Museumsleiterin Catharina Raible bei Vorabbesichtigungen, damals tauchten die ersten großen Schaukrippen in Kirchen auf. Zuvor, im Mittelalter, hatten Menschen in lebendigen Krippen die Figuren dargestellt – das seien sozusagen die Urväter der heutigen Krippenspiele gewesen. Die Sitte, Weihnachtskrippen in privaten Häusern und Wohnungen aufzustellen, kam erst viel später auf. Das war im 18. Jahrhundert – und die Folge eines Verbots. Denn in der Zeit der Aufklärung verbot die Obrigkeit die Weihnachtskrippen, ein Beispiel dafür sind Kaiserin Maria Theresia und Kaiser Joseph II. – Krippen waren in katholischen Gegenden, wie in Böhmen, sehr beliebt gewesen. „Durch die Verbote wurde das Gegenteil erreicht“, berichtet Raible. Die Menschen hätten dann selbst Figuren hergestellt und diese bei sich zuhause arrangiert. „Das Hinstellen, das schöne Drapieren hat schon immer dazugehört.“

Krippen in den Palästen

Wieder etliche Jahrzehnte später kam die Sitte auf, in den Palästen der Herrschenden Krippen aufzustellen. Besonders in der Barockzeit uferte dies in einen Konkurrenzkampf der Herrscher und des Adels aus, wer nun die schönste und größte Krippe habe. Aus dieser Zeit stammen die herrlichsten Krippen aus Neapel, aus Böhmen und der Provence – prächtige Beispiele stehen in Gerlingen. Besonders in den neapolitanischen Krippen zog auch das Volk ein: da war nicht nur das „Stammpersonal“ mit der Heiligen Familie, den Hirten und Königen vertreten, sondern auch viel einfache Bevölkerung: Marktfrauen, Bettler oder Handwerker. Manchmal habe man da „vor lauter Genrefiguren schon genau hinsehen müssen, um Maria oder das Jesuskind zu erkennen“, so Raible. Da sei sicher auch nach lebenden Vorbildern gearbeitet worden, was Gesichter und Kleidung betrifft.

Die Ausstellungsstücke laden zum genauen Hinsehen ein. Und es braucht Zeit, um die Flut der Ställe und Heiligen Familien in meist gedeckten Farben für sich zu erschließen und die Unterschiede zu erkennen. Auch die Größen der Figuren sind höchst unterschiedlich – das kleinste Jesuskind ist gerade mal so groß wie der Finger eines Kindes. Geschnitzt wurden Krippenfiguren vor allem im alpenländischen Raum, im Allgäu, in Oberammergau, in Tirol. Krippen gibt es aber auch aus Afrika (mit kontinentspezifischen Gesichtszügen und Hautfarbe der Menschen), aus Peru, Brasilien, aus China und Kolumbien.

Figuren aus Bethlehem

Eine Krippe im Gerlinger Stadtmuseum stammt sogar aus Bethlehem – die Figuren sind aus Olivenholz geschnitzt. Und es gibt sie aus Esslingen: aus der Fabrik von Jakob Ferdinand Schreiber, der Papierbogen zum Ausschneiden verkaufte. Und es gibt eine Porzellankrippe, und eine, die man zusammen mit einer Schallplatte kaufen konnte. Die gibt es heute noch als antiquarischen schwarzen Tonträger für 33 Umdrehungen: die LP „Deutsche Weihnachtslieder“, von und mit Heino. 1972 noch sehr jung, aber schon mit Sonnenbrille.

Minimalistisch geht bei Krippen übrigens auch. Zum Beispiel diejenige, die Raible gefunden hat: Bauklötzchen aus Holz. Beschriftet mit „Josef“, „Maria“, dreimal „König“, je einmal „Hirte“, „Ochse“, „Esel“, „Schaf“ und „Jesus“. Da braucht’s viel Fantasie. Aber das schadet ja nichts. Man kann die Klötze übrigens variabel drapieren. Josef hochkant, beispielsweise.

Termin – Die Ausstellung „Auf Stroh gebettet – Weihnachtskrippen aus aller Welt“ im Gerlinger Stadtmuseum wird am Sonntag, 6. November, um 11.15 Uhr eröffnet. Den Einführungsvortrag „Vom Wüstensand ins kalte Land – Spuren der Weihnachtsgeschichte“ hält die Kulturhistorikerin Andrea Urbansky.