Nach der historischen Derby-Pleite gegen den Aufsteiger Darmstadt 98 ist die Krise bei Eintracht Frankfurt allgegenwärtig. Dem Club droht der Abstieg aus der Bundesliga.

Frankfurt - Ist das vielleicht das Lichtchen gewesen, das bald wieder leuchtet? Zumindest die Sonne schaffte es am Montagmorgen, sich durch die Wolken über der Mainmetropole durchzukämpfen. Den Spruch mit dem Lichtchen, das einem aufgehe, wenn es aussichtslos erscheint, hatte ja Trainer Armin Veh nach der historischen Derby-Pleite gegen den SV Darmstadt 98 (0:1) für den Nikolaustag bemüht.

 

Der 54-Jährige kategorisierte die Blamage als eine „der zehn schlimmsten Niederlagen“ und eine „der schwärzesten Stunden“ seiner Karriere, behalf sich dann aber mit einer eigenartigen vorweihnachtlichen Ironie, obwohl die Stimmung rund um den hessischen Traditionsverein am Tiefpunkt angelangt ist- auf allen Ebenen. Zu dem sportlichen Offenbarungseid gesellte sich mal wieder ein spektakulärer Imageschaden, weil Wirrköpfe unter den Eintracht-Ultras glaubten, sich mit dem Verbrennen von fast ein Dutzend erbeuteter Gästefahnen in Szene setzen zu müssen.

Damit nicht genug: als erste Vermummte durch ein offenes Tor in den Innenraum drängten, verhinderte nur das beherzte Einschreiten einiger Spieler – allen voran Bastian Oczipka, Marco Russ und Marc Stendera – einen Platzsturm wie einst beim Abstieg im Mai 2011. Vorsorglich baute sich trotzdem eine lange Polizeikette auf. Vorstandsboss Heribert Bruchhagen wirkte arg angeschlagen, als er von einem Verhalten sprach, dass „nicht Fußball-like“ sei. Der 67-Jährige: „Der Tag war in jederlei Hinsicht enttäuschend.“ Erschreckend zudem noch Statements wie die von Präsident Peter Fischer („Ich verstehe, dass nach so einem Spiel einiges an Frust und Leidenschaft ein Ventil braucht“), dem offenbar die Rauchschwaden die Sinne vernebelt hatten. Der DFB dürfte über die erneuten Ausschreitungen im Frankfurter Fanblock nicht so generös hinwegsehen.

Aufbruchstimmung ade

Vielleicht ist aber auch gerade alles zu viel für die Verantwortlichen, die sich von dieser Saison mit der Rückkehr des Gute-Laune-Onkels Veh eine Aufbruchsstimmung erhofft hatten, die Thomas Schaaf trotz seiner respektablen Ausbeute von 43 Punkten kaum jemand mehr zugetraut hatte. Doch das Zwischenfazit seines Vorgängers und Nachfolgers fällt ernüchternd aus. Die Körpersprache der Spieler und die Haltung des Teams – das alles spricht gerade im Abstiegskampf gegen die Eintracht. „Keiner will mehr den Ball haben“, sagte Linksverteidiger Oczipka.

Ein Alarmzeichen muss sein, wenn der finnische Schlussmann Lukas Hradecky seinen Vorderleuten ins Stammbuch schreibt, sie sollten gefälligst mal in den Spiegel schauen. Mit Stendera, Russ und Carlos Zambrano handelte sich drei Akteure für das nächste Bundesligaspiel am Sonntag bei Borussia Dortmund eine Gelb-Sperre ein; zwei davon wegen Meckerns und Ballwegschlagens.

Fischer diagnostizierte von der Ehrentribüne aus ein „Kopfproblem“. Die Verunsicherung war tatsächlich bis hoch in die letzte Reihe der Arena mit Händen zu greifen. „Dem Druck hält nicht jeder stand“, räumte Veh ein. Wenn der Fußballlehrer sich demnächst zur Analyse mit Sportdirektor Bruno Hübner zusammensetzt, wird es um Verstärkungen gehen. Bruchhagen erklärte bereits seine Bereitschaft, „die Qualität in der Winterpause zu erhöhen.“

An Veh wird nicht gerüttelt

An Veh wird von Bruchhagens Seite nicht gerüttelt, obgleich die ersten „Raus-Rufe“ nicht zu überhören waren. Auch Fischer sprang seinem Kumpel bei: „Wir haben alles – nur kein Trainerproblem. Es liegt nicht an der falschen Taktik oder falschem Training. Das ist doch dummes Zeug.“ Fakt ist allerdings, dass Veh wie schon früher in Wolfsburg, Hamburg oder zuletzt in Stuttgart ohnmächtig wirkt, wenn sich „die Spirale des Misserfolgs“ (Bruchhagen) in Gang gesetzt hat.

Der lässige Lebemann gilt als glänzender Moderator dafür, wenn eine Mannschaft auf einer Erfolgswelle reitet. Bei einem Anti-Lauf wirkt Veh blass. Aber einen Rücktritt wie vor einem Jahr beim VfB schließt er aus.