Ein EZB-Ratsmitglied schließt eine Staatspleite Griechenlands nicht aus. Die Insolvenz würde Deutschland aber viele Milliarden kosten.  

Stuttgart - An den Kapitalmärkten hat sich längst eine Meinung zur griechischen Schuldenlage gebildet. Schenkt man den Kursen von Ausfallversicherungen gegen eine Pleite des Staates Glauben, dann wird Griechenland mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 90 Prozent niemals seine gesamten Staatsschulden in Höhe von etwa 350 Milliarden Euro zurückzahlen können.

 

Die Ratingagentur Moody's sieht das ähnlich und hat am Freitag die Kreditwürdigkeit von acht griechischen Geldhäusern herabgestuft, da diese hohe Bestände an Staatsanleihen ihres Heimatlandes in den Büchern haben. "Moody's glaubt, dass private Gläubiger einen deutlichen wirtschaftlichen Verlust auf ihren Besitz an griechischen Staatsanleihen verzeichnen könnten, der über die Bedingungen des Schuldentauschs hinausgeht", schreiben die Analysten der US-Gesellschaft. Viele internationale Banken haben sich zu einem Verzicht auf 21 Prozent ihrer Forderungen bereiterklärt. Das dürfte nach einer aktuellen Berechnung die Schuldenquote des Landes um 12 Prozentpunkte unter den für das Jahresende erwarteten Wert von 158 Prozent drücken.

Kann Griechenlands Pleite verhindert werden?

Der Havard-Ökonom Kenneth Rogoff, der ein Kenner der Geschichte von Staatspleiten ist, hält es für ausgeschlossen, dass Griechenland seine Schulden bezahlen können wird. Mit einem Schuldenstand von etwa 150 Prozent und gleichzeitiger Rezession sei die Grenze längst überschritten, warnt er. Mit höchstens 30 Prozent der verliehenen Summen könnten die Gläubiger noch rechnen.

War FDP-Parteichef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler vor wenigen Wochen noch heftig in die Kritik geraten, eine "geordnete Insolvenz" des Euromitglieds in den Raum zu stellen, mehren sich auch offizielle Stimmen, die einen Schuldenschnitt des Landes thematisieren. So sagte der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot, der Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, dass eine Pleite Griechenlands auf jeden Fall verhindert werden könne. Sein französischer Kollege Christian Noyer weist bereits darauf hin, dass die Banken in seinem Land sogar einen vollständigen Verlust ihrer griechischen Papiere verkraften könnten. Und der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos ließ zwar dementieren, gegenüber Parteikollegen einen Schuldenschnitt von 50 Prozent als mögliches Szenario zur Haushaltssanierung geschildert zu haben, dennoch scheint der Tag näher zu rücken, an dem Griechenland sagen wird: Wir schaffen die Haushaltssanierung nicht ohne Kürzung unserer Zahlungsverpflichtungen.

Für Deutschland hätte die Pleite Folgen

Auch nach einer Pleite müsste das Land jedoch sparen und wäre voraussichtlich auf ausländische Hilfe angewiesen. Denn ein Schuldenschnitt von 50 Prozent oder mehr würde zwar die Zins- und Tilgungspflichten drücken, aber um am Kapitalmarkt frisches Geld zu erhalten, müsste das Land glaubhaft machen, diese Anleihen später in jedem Fall bedienen zu können. Die Banken des Landes dürften eine Finanzspritze von außen benötigen, um die Belastung der eigenen Bücher nach einer Staatspleite zu verkraften.

Für Deutschland hätte die Pleite direkte und indirekte Folgen. Zum einen hat Deutschland im Zuge des ersten Rettungspakets für Griechenland ein Darlehen in Höhe von 22,3 Milliarden Euro gewährt, von denen bereits 13,45 Milliarden geflossen sind. Ein Schnitt um die Hälfte bedeutete Kosten von 6,7 Milliarden Euro für den deutschen Steuerzahler. Zudem hat die EZB für geschätzt mehr als 50 Milliarden Euro griechische Anleihen in die Bücher genommen. Diese notierten beim Kauf zwar nicht beim Nennwert, aber eine Pleite könnte dennoch einen zweistelligen Milliardenverlust für die Bank bedeuten. Dafür steht der deutsche Steuerzahler mit etwa einem Viertel ein. Die verstaatlichten Bad Banks von Hypo Real Estate und WestLB sitzen ebenfalls auf Milliarden an Anleihen. Für deren Abschreibungsbedarf müsste auch größtenteils der Bund aufkommen.