Vier Länder in drei Tagen: Außenminister Gabriel besucht die Golf-Region mitten in der Katar-Krise. Fraglich ist, ob er zu einer Deeskalation beitragen kann.

Berlin - Es ist ein spektakulärer Zeitpunkt für eine solche Reise. Und es ist typisch Sigmar Gabriel. Mitten in der Katar-Krise brach der deutsche Außenminister am Montagmorgen zu einer Rundreise durch die Golf-Region auf. Ein Ultimatum Saudi-Arabiens und seiner Verbündeter gegen das kleine, aber sehr reiche Emirat wurde unmittelbar vor seiner Abreise zwar noch einmal verlängert - aber nur um 48 Stunden. Gut möglich, dass der Konflikt während seines Aufenthalts weiter eskaliert.

 

Der Mann mit dem guten Gespür

Erste Station Gabriels ist Dschidda, die saudi-arabische Millionenmetropole am Roten Meer, auch Tor nach Mekka genannt. Dann geht es weiter in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die wie Saudi-Arabien die diplomatischen Beziehungen zu Katar abgebrochen und die Grenzen zu dem kleinen, aber superreichen Golfemirat dichtgemacht haben. Dritte Station ist das von den Nachbarn isolierte Katar selbst. Am Mittwoch endet die Reise in Kuwait, das zwischen beiden Seiten vermittelt.

Gabriel hat ein Gespür dafür, wie er möglichst große Aufmerksamkeit für bestimmte Themen und Botschaften gewinnen kann - und damit auch für sich selbst. In seinen gut fünf Monaten im Amt hat er das schon mehrfach bewiesen: Er flog nach Ankara, um dort öffentlichkeitswirksam den Abzug der Bundeswehr aus Incirlik zu verkünden. Er war einer der ersten westlichen Politiker, die in das von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) befreite Gebiet um Mossul reisten. Mit Libyen und Somalia besuchte er Bürgerkriegsländer, in die sich sonst kaum jemand traut.

Eine bedrohliche Krise

Jetzt kümmert er sich um eine Krise, die zwar noch weit entfernt von einem Krieg ist, die aber trotzdem über die Region hinaus bedrohlich wirkt. „Wir sorgen uns, dass Misstrauen und Uneinigkeit letztlich alle Seiten und die Golf-Halbinsel als ganze schwächen könnten“, sagte Gabriel vor seiner Abreise.

Auch vier Wochen nach Verhängung der Blockade über Katar zeichnet sich keine Annäherung zwischen den Kontrahenten ab. Im Gegenteil. In den vergangenen Tagen verschärfte sich der Ton noch einmal. Was immer die Gegner von sich geben, klingt unversöhnlich.

Das Ultimatum wird verlängert

Das Ultimatum, das nun noch einmal um zwei Tage verlängert wurde, hat es in sich: 13 Bedingungen soll Katar zustimmen, damit die Blockade wieder aufgehoben wird. Würde Katar den Forderungen nachkommen, käme das einer völligen Kapitulation gleich und widerspräche der auf größtmögliche Souveränität angelegten Außenpolitik, die das kleine Land seit zwei Jahrzehnten verfolgt. So soll das Emirat seinen Nachrichtensender Al-Dschasira schließen, der in der arabischen Welt populär, doch Saudi-Arabien und seinen Mitstreitern ein ständiges Ärgernis ist. Sie stört vor allem, dass Al-Dschasira auch Islamisten eine Bühne gibt.

Doch damit nicht genug. Katar soll seine diplomatischen Beziehungen mit dem schiitischen Iran zurückfahren, die türkische Militärbasis im Land schließen und alle Verbindungen zu Terrororganisationen wie dem IS oder Al-Kaida kappen.

Eine Eskalation der Krise

Die Forderungen erscheinen dem US-Experten Kristian Ulrichsen so weitreichend, dass sie für ihn das Ziel verfolgen, eine Ablehnung von Seiten Katars zu provozieren - „als mögliche Rechtfertigung für eine Fortsetzung, wenn nicht sogar Eskalation der Krise“, schrieb er in einer Analyse für die US-Zeitschrift „The Atlantic“.

Die Antwort des katarischen Außenministers Mohammed bin Abdulrahman Al Thani fiel dementsprechend eindeutig aus. Die Beziehungen zum IS und zu Al-Kaida könne sein Land nicht beenden, weil es gar keine gebe, erklärte er. Überhaupt will das Emirat erst dann verhandeln, wenn seine Gegner die Blockade beendet haben.

Aber kann Gabriel in dieser Situation überhaupt etwas ausrichten? Eine Vermittlungsmission wird die dreitägige Reise wohl kaum sein können. Das weiß man auch im Auswärtigen Amt. Der Konflikt kann eigentlich nur in der Region selbst gelöst werden. Und das Vermittlungsmandat hat Kuwait. Diesen Ansatz unterstützt Gabriel.

Die Rolle des Vermittlers

Er wird sich hüten, auf seiner Reise Partei zu ergreifen oder auch eigene Vermittlungsvorschläge zu machen. „Wir stehen weder auf der einen, noch der anderen Seite“, sagt er. Vor allem geht es Gabriel darum, beide Seiten zu Gesprächen zu motivieren.

Deutschland hat handfeste eigene Interessen in der Region. In Katar leben 2000 Deutsche, das Handelsvolumen lag 2016 bei knapp drei Milliarden Euro. Außerdem spielen die Golfstaaten eine maßgebliche Rolle im Kampf gegen den IS. Gabriel will signalisieren, dass es sich nicht um einen regionalen Konflikt handelt, sondern dass er auch den Rest der Welt etwas angeht. Gerade vor dem G20-Gipfel, bei dem Deutschland den Vorsitz hat, kann das nicht verkehrt sein.

In der nächsten Woche kommt der saudische König Salman zum Gipfel nach Hamburg. Mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wird auch ein enger Verbündeter Katars dort sein. Und nicht zuletzt gehört US-Präsident Donald Trump zu den Teilnehmern, der Saudi-Arabien durch seinen Aufsehen erregenden Besuch in Riad im Mai möglicherweise erst zur Katar-Blockade ermutigt hat. Damit ist sicher, dass die Krise zumindest am Rande des Gipfels eine Rolle spielen wird.

Eine schnelle Lösung ist aber nicht in Sicht. Golf-Experte Ulrichsen erwartet nicht, dass Katar den Forderungen nachgibt. Überhaupt zeigt er sich pessimistisch: „Die Gefühle auf beiden Seiten des Konflikts sind so aufgeheizt, dass schwer zu erkennen ist, wie einer nachgibt und dabei riskiert, sein Gesicht zu verlieren.“