Erstmals seit Monaten geben sich die Präsidenten der Ukraine und Russlands die Hand. Beide fordern Frieden im Krisengebiet. Doch im Donbass herrschen ganz andere Verhältnisse.

Erstmals seit Monaten geben sich die Präsidenten der Ukraine und Russlands die Hand. Beide fordern Frieden im Krisengebiet. Doch im Donbass herrschen ganz andere Verhältnisse.

 

Minsk - Überschattet von schweren Gefechten in der Ostukraine haben die Präsidenten Russlands und der Ukraine bei einem Treffen in Minsk einen Ausweg aus der Krise gesucht. „In Minsk entscheidet sich das Schicksal der Welt und Europas“, sagte das ukrainische Staatsoberhaupt Petro Poroschenko am Dienstag in der weißrussischen Hauptstadt. Kremlchef Wladimir Putin forderte die Ukraine zur friedlichen Lösung des Konflikts auf. Armee und Aufständische berichteten von Hunderten Toten innerhalb von nur 24 Stunden im Krisengebiet. Russland räumte ein, dass dort eigene Soldaten im Einsatz sind.

Zu Beginn der Gespräche gaben sich Putin und Poroschenko die Hand. Es war ihr erstes Treffen seit Juni. Poroschenko warb in Minsk erneut für seinen Friedensplan. Ziel der Gespräche sei, das Blutvergießen in seinem Land zu beenden und einen politischen Kompromiss zu suchen. Er rief russischen Agenturen zufolge die Mitglieder der Eurasischen Zollunion - Russland, Weißrussland und Kasachstan - auf, sich an einer Geberkonferenz für die notleidende Ostukraine zu beteiligen. Beobachtern zufolge vermieden Poroschenko und Putin gegenseitige Schuldzuweisungen.

Auch Brüssel am Treffen beteiligt

Moskau sei zu einem weiteren Dialog über die Krise bereit, sagte Putin. Die prowestliche Führung in Kiew müsse zudem mit den Aufständischen verhandeln. An dem Treffen nahm auch eine Delegation aus Brüssel mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton teil.

Große Aufregung lösten in Kiew Berichte über zehn russische Fallschirmjäger aus, die am Rande der Kampfzone in der Region Donezk gefangen worden waren. Die Ukraine wirft Russland vor, die Separatisten mit eigenem Militärpersonal zu unterstützen.

Ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums in Moskau bestätigte Agenturen zufolge die Festnahme russischer Soldaten. Es habe sich um eine Grenzpatrouille gehandelt, die an einer nicht markierten Stelle zufällig auf ukrainisches Gebiet gelangt sei, sagte er.

Heftige Gefechte

Die Führung in Kiew und die Aufständischen berichteten von heftigen Gefechten. Innerhalb von 24 Stunden seien fast 250 militante Kämpfer getötet worden, teilte der ukrainische Sicherheitsrat mit. Den Separatisten zufolge wurden zudem mehr als 80 Soldaten getötet oder verletzt und mehr als 40 gefangen genommen, wie russische Agenturen berichteten. Nach Angaben des Sicherheitsrats in Kiew wurden zudem vier Grenzschützer getötet. Bei einem Beschuss der Großstadt Donezk kamen nach Angaben des Stadtrats zudem drei Zivilisten ums Leben.

Nach seiner Ankunft in Minsk traf sich Poroschenko zunächst mit der EU-Außenbeauftragten Ashton. Poroschenko betonte, die Integration der Ukraine in EU-Strukturen richte sich nicht gegen den Nachbarn Russland. „Im Gegenteil - das Assoziierungsabkommen mit der EU soll den Handel beleben“, sagte er. Die Eurasische Zollunion rief er auf, Räume für eine Zusammenarbeit mit einer Freihandelszone zwischen der Ukraine und der EU zu suchen. Er sei zu weiteren Gesprächen zwischen Zollunion, Ukraine und EU bereit. Auch Putin begrüßte dieses Format.

Neuwahl wird als "Provokation" bezeichnet

Das russische Wirtschaftsministerium erwartet wegen der Ukraine-Krise einen noch massiveren Kapitalabfluss als bisher befürchtet. Vermutlich würden ausländische Investoren im laufenden Jahr mehr als 100 Milliarden US-Dollar (etwa 76 Milliarden Euro) aus Russland abziehen, sagte Behördensprecher Oleg Sassow. Bisher hatte das Ministerium mit maximal 90 Milliarden US-Dollar gerechnet.

Die von Poroschenko ausgerufene Neuwahl des Parlaments am 26. Oktober bezeichneten die Aufständischen als „Provokation“. Es werde in den Separatistengebieten im Osten der Ex-Sowjetrepublik keine Abstimmung geben, kündigte einer der Sprecher der militanten Gruppen, Sergej Kawtaradse, an. Er drohte mit „harten Reaktionen“. Poroschenko erhofft sich von der vorgezogenen Parlamentswahl mehr Stabilität.