Während Frankreich die Zahlungen an die Griechen fortsetzen möchte, wachsen in Berlin die Bedenken. In der Bundesregierung wird ernsthaft darüber nachgedacht, ob ein Ende mit Schrecken nicht besser ist als ein Schrecken ohne Ende.

Berlin - Vorbei sind die Zeiten, in denen die Bundeskanzlerin den Auftritt mit dem französischen Staatspräsidenten zelebrierte, um die enge deutsch-französische Abstimmung in der Eurokrise zu demonstrieren. Als Angela Merkel noch mit Nicolas Sarkozy zu tun hatte, gehörten nach den Treffen Pressekonferenzen zum festen Ritual. Beim aktuellen Besuch von François Hollande in Berlin ist es anders. Merkel und ihr französischer Gast verlesen vor Beginn des Gesprächs vorbereitete Erklärungen. Journalisten haben keine Möglichkeit, Fragen zu stellen.

 

Wenn sich Politiker wortkarg geben, ist dies oft ein Hinweis auf schwierige Verhandlungen. Merkel und Hollande wollen vor allem über Griechenland sprechen. Es ist der Versuch, eine gemeinsame Linie zu finden, bevor am heutigen Freitag der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras in Berlin eintrifft. Samaras verfolgt mit seiner Visite ein Ziel: Er will die Bundeskanzlerin zu Zugeständnissen bewegen. Athen braucht mehr Zeit für die Umsetzung des Sanierungsprogramms.

Ein drittes Hilfsprogramm soll es auf keinen Fall geben

Ob die Geldgeber diesem Wunsch nachkommen, ist nicht nur zwischen Eurostaaten umstritten. Unterschiedliche Antworten geben auch Bundesregierung und Opposition. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier spricht sich dafür aus, Griechenland ein Jahr länger Zeit zu lassen. Ähnlich denkt Frankreichs Präsident Hollande. Damit kündigen sich neue Konflikte an, denn die Bundesregierung hält überhaupt nichts von weiteren Zugeständnissen an Athen.

Nicht nur Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zweifelt seit Langem am Sparwillen des von der Pleite bedrohten Landes. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) macht aus seiner Skepsis kein Hehl. Im Interview mit dem „SWR“ erteilte Schäuble dem Wunsch der Griechen eine Absage. „Mehr Zeit heißt im Zweifel mehr Geld“, sagte Schäuble. Einig ist sich die Schwarz-Gelb, dass es ein drittes Rettungsprogramm für Athen nicht geben darf. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsste in diesem Fall damit rechnen, dass ihr die Abgeordneten von Union und FDP nicht folgen. Berlin will auch deshalb hart bleiben: Die nächste Finanzspritze soll es nur geben, wenn die griechische Regierung die Vereinbarungen vollständig umsetzt. Für Schäuble ist das eine Frage der Glaubwürdigkeit. Er erinnert daran, dass das aktuelle Hilfsprogramm für Griechenland gerade erst ein halbes Jahr alt ist und dafür zähe Verhandlungen notwendig waren. Dass die Vereinbarungen nun schon wieder in Frage gestellt werden, ärgert den Bundesfinanzminister.

Ein Kurswechsel der Regierung deutet sich an

In der Bundesregierung wird ernsthaft darüber nachgedacht, ob ein Ende mit Schrecken nicht besser ist als ein Schrecken ohne Ende. Aufschlussreich ist jedenfalls, dass Schäuble die Hängepartie um Griechenland mittlerweile als Belastungsfaktor für die Eurozone einstuft. „Die Probleme in Griechenland haben Auswirkungen auf die Zinsentwicklung in ganz anderen Ländern“, sagte der Minister. Gemeint sind Spanien und Italien, denen Schäuble enorme Reformanstrengungen attestiert. Dennoch litten diese Länder unter der Unsicherheit um Griechenland.

Schäubles kritische Äußerungen könnten einen Kurswechsel der Bundesregierung andeuten. Denn im Frühjahr waren Merkel und Schäuble noch davon überzeugt, dass Ansteckungsgefahren verhindert werden müssten. Indem Griechenland mehrfach geholfen wurde, sollte die Vertrauenskrise eingedämmt werden. Jetzt stellt sich die Lagebeurteilung in Berlin anders dar: Auch weil Griechenland seine Probleme nicht in den Griff bekommt, machen die weltweiten Investoren einen Bogen um viele Euroländer.