Kritik an Abriss historischer Gebäude Hochdorf ringt um den Erhalt seines dörflichen Charakters

Die Wettestraße 9 ist nicht das erste Gebäude mit historischem Charakter, das in Hochdorf weichen muss. Foto: /Tim Kirstein

Verliert Hochdorf (Kreis Esslingen) seinen dörflichen Charakter? Diese Frage stellt sich immer wieder. Vor allem bezüglich der künftigen Entwicklungen in der Wettestraße gehen die Meinungen auseinander, wo weitere Gebäude vor dem Abriss stehen. Ein Verein übt Kritik an der Gemeinde.

Für Werner Halm, Vorsitzenden des Vereins Historische Gebäude und Ortsgeschichte Hochdorf (HGOH), zeichnen die Abrisse von historischen Gebäuden in der jüngeren Vergangenheit des Ortes ein tristes Bild der Zukunft. „Der ganze Dorfcharakter verschwindet immer mehr“, erklärt er. Vor allem der Abriss des Areals schräg gegenüber des Rathauses, die Häuser Kirchheimer Straße 44 bis 48, sei aus seiner Sicht „ein Schlag ins Kontor“. „Erhalt“ sei überall ein Thema, nur in Hochdorf werde es nicht aufgenommen, sagt Halm. „Man könnte dazu sagen: Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg“, fügt er hinzu.

 

Als Grundlage für die Veränderungen in Hochdorf dient das Ortsentwicklungskonzept. Dieses sei unter Bürgerbeteiligung erarbeitet worden, erklärt Bürgermeister Gerhard Kuttler. Der Erhalt alter Gebäude sei aber manchmal schlichtweg erschwert, beispielsweise wenn private Eigentümer andere Interessen hätten.

Werner Halm Foto: Tim Kirstein

„Wir achten schon darauf, wo es möglich ist, historische Gebäude zu erhalten“, sagt Kuttler. Beispielsweise hätten das Rathaus oder das sogenannte Schusterhäusle erfolgreich saniert und erhalten werden können. „Es fließen jedoch auch immer weitere Aspekte in unsere Entscheidungen mit ein“, fügt der Bürgermeister hinzu. So konnte der vom HGOH initiierte Erhalt des Weberhofs am Talbach nur gelingen, weil die Gemeinde durch den Verkauf anderer Grundstücke die Kosten stemmen konnte, erklärt Kuttler. Zudem habe sich bei dem Gebäude eine Person gefunden, die die Sanierung auf sich nehmen wollte.

Alta Schmiede wird soll abgerissen werden

Ein aktuelles Beispiel für den Abriss eines historischen Gebäudes ist die alte Schmiede in der Kirchheimer Straße 47. „Die Schmiede ist ein absolutes Traditionsgebäude mit historischem Wert“, erklärt Halm. In früheren Zeiten sei sie im Ort ein richtiges Zentrum gewesen. Das um 1800 erbaute Gebäude steht seit den 1970er-Jahren leer. Dies sei auch die Problematik, so Halm, denn seitdem kein Schmied mehr im Gebäude ist, kümmere sich niemand mehr um das Haus.

Die Schmiede sei an sich keine Schmiede mehr, da die wichtigen Einrichtungsgegenstände mittlerweile ausgeräumt seien, sagt Kuttler. Ohnehin habe die Verwaltung nur wenig Einfluss auf das Gebäude, da die Gemeinde nicht Eigentümerin der Schmiede sei. Nach den Plänen der Eigentümer soll nun das vordere Stück des Gebäudeensembles, die eigentliche Schmiede, abgerissen werden und Platz für eine Garage und Stellplätze machen. Dadurch könne auch der Straßenraum an dieser viel befahrenen Stelle etwas verbreitert werden, erklärt Kuttler.

Das für die Hochdorfer wichtigste Thema ist jedoch die Wettestraße. Es sei die letzte Straße im Ort mit dörflichem Charakter, erklärt Halm. „Gerade im Sommer ist sie, bedingt durch die Begrünung und die Offenheit der Straße, ein toller Ort“, sagt er. Im Jahr 2020 gab es sogar ein Brainstorming zur Zukunft der Wettestraße, an dem die Verwaltung, die damaligen Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats und Vertreter des HGOH teilnahmen. Das ausformulierte Ziel damals: Die Wettestraße soll wieder zu einem belebten Quartier werden.

Bleiben Gebäude in der Wettestraße erhalten?

„Man hat hoffentlich damit begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen“, sagt Halm. Insgesamt hätten er und der Verein jedoch große Bedenken, dass der Erhalt der Wettestraße gelingt. Von Gemeindeseite aus heiße es, sie sei voll im Fokus, jedoch stehe dieser Aussage der aktuelle Abriss der Wettestraße 9 entgegen, erklärt Halm.

Im Gemeinderat bestehe ein überwiegender Konsens, dass die Gebäude mit historischem Charakter in der Wetterstraße erhalten werden sollen, erklärt Kuttler. „Wir versuchen, zu erhalten, wenn der Erhalt möglich ist“, sagt er. Wo dies nicht der Fall sei, bestehe die Zielsetzung, dass das künftige Gebäude in das Bild der Straße passe.

So beispielsweise auch bei der Wettestraße 9. Die Gemeinde hatte das Grundstück vor einigen Jahren erworben. Einer der Hintergründe sei die Planung zwischen Wettestraße und Breitwiesenareal gewesen, erklärt Kuttler. Denn mit der Renaturierung des Talbachs soll hier auch ein neuer Rad- und Fußweg entstehen, der den entlang der L1201 verlaufenden Radweg in den Ort hinein fortführt. Dieser neue Weg am Talbach könnte über eine Querverbindung an die Wettestraße angebunden werden. Einen Teil dieses Weges habe man nun durch den Kauf der Wettestraße 9 bereits gesichert.

Abriss und Neubau mit Auflagen

Es habe auch Interesse am Erhalt des Hauses gegeben, erklärt Kuttler. Man habe unter Einbeziehung des HGOH ein Jahr lang nach einem Interessenten für eine Sanierung gesucht, bis zum endgültigen Verkauf waren es sogar eineinhalb Jahre. Ein zu kurzer Zeitraum, findet Halm. Da sich niemand meldete, wurde das Gebäude schließlich veräußert. Jedoch gebe es Auflagen für den neuen Bauherren, sagt Kuttler. So werde das Haus mit zwei bis drei Wohnungen eine angepasste Dachform und einen Natursteinsockel haben und sich so ins Straßenbild einfügen. Interessenten, die große Mehrfamilienhäuser bauen wollten, wurden abgelehnt. „Das kam für uns nicht in Frage“, sagt Kuttler.

Mit der Wettestraße 9 sei nun der erste Teil der potenziellen Reaktivierung des Gebiets gesichert, erklärt der Bürgermeister. Für ihn ist das 2020 formulierte Ziel nach wie vor erreichbar.

Das passiert in der Wettestraße

Maurer-Haus
Ebenfalls in der Wettestraße befindet sich das sogenannte Maurer-Haus, dessen Kernbau bereits auf das Jahr 1541 zurückgeht. Dieses wird im Moment renoviert, eines der Nebengebäude ist bereits als Tiny-House fertiggestellt und vermietet.

Wetteplatz
Im Zuge der Aufwertung der Wettestraße soll auch ein neuer Platz als Aufenthaltsort errichtet werden. Dieser sei entweder in der Nähe der Wettestraße 9 oder schräg gegenüber, wo die Gemeinde bereits ein Grundstück besitzt, denkbar, erklärt Bürgermeister Kuttler.

Erhaltenswertes
Als besonders erhaltenswert erachte die Gemeinde die Häuser Wettestraße 4, 6, 7 und 10, sagt Kuttler. Abschließend entschieden sei bei den Gebäuden jedoch noch nichts. Werner Halm ist abgesehen von der Wettestraße vor allem um den Erhalt der Häuser Kirchheimer Straße 42 und 69 bemüht.

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