Der Ludwigsburger Oberbürgermeister Knecht sieht das Jahr 2025 als Feuerprobe. Verstehen Bund und Land nicht, dass die Kommunen mehr finanzielle Unterstützung brauchen, kann er sich vorstellen, selbst zu demonstrieren – stellt im Gemeinderat aber auch einen drastischen Schritt zur Abstimmung.
Für Ludwigsburgs Oberbürgermeister Matthias Knecht ist das Jahr 2025 die Feuerprobe. Das Jahr, in dem sich zeigt, ob Bund und Länder die Botschaft verstanden haben: Den Kommunen steht das Wasser bis zum Hals. „Bund und Länder übertragen immer mehr Aufgaben auf die Kommunen ohne diese angemessen gegenzufinanzieren“, sagt er bei einem Gespräch mit der Presse. Komme diese Botschaft nach der Regierungsbildung und auch mit Blick auf die kommende Landtagswahl im März 2026 nicht an, müssten die bislang braven Kommunen Bund und Ländern die Stirn bieten. Dafür ist er bereit, zu ungewöhnlichen Mitteln zu greifen, sieht aber auch die Stadt in der Verantwortung.
Knecht nennt mehrere Beispiele, an welchen Stellen die Kosten in den vergangenen Jahren explodiert sind. Die Betreuungskosten seien von 2013 bis 2025 von 18,5 auf 47 Millionen gestiegen, allein seit dem vergangenen Jahr um 5,9 Millionen. Während die Stadt davon einen immer größeren Teil übernimmt, seien die Mittel des Landes seit 2021 eingefroren, so Knecht. Auch die Personalkosten sind von 2024 auf 2025 um zehn Millionen Euro angestiegen – und das obwohl die Stadt keine Stellen geschaffen hat sondern künftig streichen will. Rund 200 Stellen sollen in den nächsten Jahren wegfallen.
Zahl der Fachbereiche und Stäbe soll sinken
Während die Stadt Esslingen derzeit eine fünfte Bürgermeister-Stelle plant, will Knecht Ende Juli den Gemeinderat darüber abstimmen lassen, die Zahl der Dezernate von vier auf drei zu reduzieren. Anbieten würde sich nach Auslaufen der Amtszeiten 2028/29 die Zusammenlegung der technischen Dezernate. Damit würden eine Bürgermeister-Stelle und sieben von 25 Fachbereichen und Stäben wegfallen. Die Einsparungen daraus: circa eine Million Euro – ein überschaubarer Betrag im Vergleich zu den fehlenden 21,4 Millionen Euro allein im Haushalt 2025. „Die Kommunen kämpfen gegen Windmühlen, Einsparungen werden direkt aufgefressen“, sagt Knecht. Gleichzeitig sollen an Besprechungen künftig weniger Verwaltungsmitarbeiter teilnehmen und bei gewissen Terminen nur noch eine Person aus der Verwaltungsleitung erscheinen. Matthias Knecht beispielsweise bei der Einweihung des Arsenalplatzes und Andrea Schwarz bei der Eröffnung des Franck-Areals. Bei der Eröffnung der Schlossfestspiele oder der Stadtgründungsfeier würden Bürger hingegen die gesamte Stadtspitze erwarten.
Kommunen prüfen Klage gegen Land und Bund
Wie viel vom Investitionspaket der Bundesregierung in Ludwigsburg ankommt, darüber lässt sich derweil nur spekulieren. „Ich weiß, dass es keine 100 Millionen sein werden“, sagt Knecht. „Aber auch 30 bis 40 Millionen wären sehr willkommen, sind allerdings auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“ In den Kommunen gebe es eine strukturelle Unterfinanzierung, und die sei von Bund und Land über 20 Jahre fahrlässig herbeigeführt worden. Laut einer Umfrage des Städtetags rechnen 87 Prozent der baden-württembergischen Städte 2025 mit einem negativen Haushaltsabschluss.
Die schnelle Regierungsbildung begrüße er, sagt Knecht.„Ich fordere Bund und Land aber auch klar dazu auf, Vorschriften zu vereinfachen.“ Die Landesbauordnung sei nur der erste Schritt. Beim Bürokratieabbau sieht er aber auch die Stadt in der Pflicht. „Auf die Bundes- und Landesvorgaben kommen unsere eigenen Standards häufig noch oben drauf, das kostet Zeit und macht Anträge und Vorhaben teurer und schwieriger.“ Was passiert, wenn die Botschaft, dass der finanzielle Kipppunkt erreicht ist, bei Bund und Land nicht ankommt? „Dann kann ich mir schon vorstellen, dass Oberbürgermeister vor dem Bundeskanzleramt oder der Villa Reitzenstein demonstrieren“, sagt Knecht. Man prüfe wie andere Kommunen derzeit außerdem rechtliche Schritte. Eine Klage sehe er bisher zwar nur am Horizont, aber sie sei eine Option, um Druck zu machen.