Die Liebe fand er nicht, verlor eine sechsstellige Summe, weil die Dating-Serie „Mr. Gay Right“ übers Streamen wenig einspielte: Dennoch habe sich der Einsatz gelohnt, sagt Alexander Gutbrod. Seine Kritik an Jehovas Zeugen habe etwas bewirkt.
Das Happy-end blieb aus. Alexander Gutbrod, Model und Chef einer Partnerschaftsvermittlung an der Königstraße, wollte als sein eigener Bachelor in der von ihm selbst produzierten Internet-Serie „Mr. Gay Right“ einen Partner fürs Leben finden. Jetzt hat der 43-Jährige die achte, die letzte Folge der Dating-Soap ins Netz gestellt, womit das Projekt endet– vom Dreh in einer Villa auf Mallorca, so wissen die Zuschauerinnen und Zuschauer nun, kam er als Single zurück.
Der junge Mann, in den er sich verliebte, entschied sich für einen anderen Teilnehmer der Produktion, die an „Prince Charming“ erinnert, aber gleichzeitig ein schweres Leben schildert. Denn der Protagonist ist bei den Zeugen Jehovas aufgewachsen, die Homosexualität verurteilten, wie er beklagt.
Vier Jahre lang war Gutbrod mit einer Frau verheiratet und lebte mit ihr bei der christlichen Glaubensgemeinschaft, die für ihre Mitglieder strenge Regeln vorgibt. Kirchliche und staatliche Sektenexperten werfen ihr totalitäre Strukturen vor, so seien unter anderem Bluttransfusionen verboten. Laut der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen erwarten die Zeugen Jehovas „unbedingten Gehorsam“, kritische Rückfragen seien unerwünscht. Der heutige Produzent und Partnerschaftsvermittler sagt, als Kind und Jugendlicher habe er eine „Tortur aus Erniedrigung, Misshandlung und Demütigung“ ertragen müssen.
Mit 28 gestand er sich ein, dass seine Ehe eine Notlüge war
Als er sich mit 28 Jahren eingestand, dass seine Ehe eine Notlüge war und er in Wahrheit schwul ist, habe ihn die Familie verstoßen und ihm gedroht, Gott werde ihn dafür bestrafen. „Ich hatte Albträume“, berichtet er, „war immer in Angst, dass ich deshalb sterben muss.“
Fast scheint es, als gebe der heute meist permanent strahlende Mann, der beim Erwachsenwerden tiefe Schläge kassiert hat, deshalb so viel Gas in der Öffentlichkeit, damit seine Familie doch noch ein bisschen stolz auf ihn ist – in der Hoffnung, dass sie es mitbekommt. „Jeder hat ein Recht auf Liebe“, sagt er.
Clublegende Laura Halding-Hoppenheit sagt, sie sei stolz auf ihn
Mit sieben Männern im Alter von 22 bis 45 Jahren hat Gutbrod im vergangenen Sommer acht Folgen für „Mister Gay Right“ in einer Villa auf Mallorca gedreht. Die Teilnehmer bekamen keine Gage, aber der Produzent zahlte die Unterkunft und die Flüge. Premiere der Streaming-Serie feierte er im Dezember im Cinema der Innenstadtkinos mit Gästen wie der Clublegende Laura Halding-Hoppenheit, die sagte, sie sei sehr stolz auf ihn, auf ihr „Kind“. Andere Zuschauer sagten, der Hauptdarsteller sei „sehr selbstverliebt“ und rede beim Daten zu viel und höre zu wenig zu..
Die Kosten für die Dreharbeiten liegen bei 100 000 Euro, wie Alexander Gutbrod sagt. Eigentlich wollte er das Geld über Streamingdienste wieder reinholen. Doch das ist ihm nicht gelungen. „Leider ist Amazon Prime abgesprungen“, bedauert der 43-Jährige, „deshalb wir die Reichweite nicht so gut.“ Was ihm außerdem nicht gefällt: In dem Film verliebt er sich zwar tatsächlich in einen Mann, hat Sex mit ihm, aber schon am nächsten Tag entscheidet sich dieser für einen anderen Teilnehmer des Dating-Formats.
„Damit wird leider das Klischee erfüllt, dass Schwule mit Sex sehr locker umgehen“, sagt Gutbrod. Würde er eine neuen Dating-Show drehen, müsse er das „anders lenken“. Was auf Mallorca passierte, hat ihm Schmerzen zugefügt. Doch inzwischen ist ein halbes Jahr vergangen, weshalb er damit „Frieden gefunden habe“.
Finanziell und fürs persönliche Glück war das Projekt also wenig hilfreich. Alexander Gutbrod bucht seinen Einsatz als „Investition“ ab, um das Thema Jehovas Zeugen in die Öffentlichkeiten bringen zu können – dies ist ihm ein wichtiges Anliegen. Jetzt will er darüber ein Buch schreiben.
Der Sprecher der Jehovas Zeugen hat auf den Film reagiert
Tatsächlich hat die Religionsgemeinschaft auf die Serie „Mr Gay Right“ reagiert. Kai Scheller, der regionale Sprecher von Jehovas Zeugen für Baden-Württemberg, teilt unserer Redaktion mit: „In unseren Veröffentlichungen wird deutlich erklärt, dass die Bibel zwar homosexuelle Handlungen missbilligt, aber weder Vorurteile gegen Homosexuelle fördert noch die Diskriminierung von Homosexuellen befürwortet. Zeugen Jehovas laden Menschen aller sexuellen Orientierungen zu ihren Gottesdiensten ein.“ Jehovas Zeugen würden angehalten, alle Menschen zu respektieren, unabhängig von ihrer Nationalität, Herkunft, ihrem sozialen Hintergrund, ihrer Religion, ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung.
Bewegt sich tatsächlich etwas bei den Jehovas Zeugen? Alexander Gutbrod mag nicht daran glauben – er kennt Schriften der Glaubensgemeinschaft, in der ganz anderes steht. Die Zeit bei Jehovas Zeugen hat zu Schmerzen geführt, tiefe Narben in der Seele blieben.