Der CDU-Agsabgeordnete Christian von Stetten aus Schwäbisch Hall gilt als Anführer der Merkel-Kritiker und hat den Brief an die Kanzlerin mitinitiiert. Er erwartet in den nächsten Wochen eine Umkehr in der Flüchtlingspolitik.

Berlin - - Die Flüchtlingspolitik entzweit die Union. Christian von Stetten ist Initiator eines Briefes, der von Angela Merkel einen Kurswechsel fordert.
Herr von Stetten, der Brief der Unionsabgeordneten an Kanzlerin Angela Merkel verursacht viel Wirbel. Worum geht es Ihnen?
Wir diskutieren seit September über die Zustände an der deutschen Grenze. Unverändert gilt, dass noch immer Menschen unregistriert nach Deutschland kommen. Da ist es normal, dass wir unsere Positionen zusammenfassen. Wir sehen, dass es auf europäischer Ebene keine kurzfristigen Lösungen für das Flüchtlingsproblem gibt. Deshalb sind wir der Meinung, dass nationale Maßnahmen an den Grenzen eingeleitet werden müssen, um die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen.
Herr Kauder sagt, Unionsabgeordnete könnten jederzeit mit der Kanzlerin sprechen. Warum ist der Brief nötig?
Die Kanzlerin ist für uns jederzeit ansprechbar. Das nutzen wir auch. Zur Politik gehört aber auch, eigene Positionen schriftlich zu fixieren. Wenn mehrere Unionskollegen einer Meinung sind, dann verständigt man sich auf einen gemeinsamen Text.
Manche sprechen von einem Zwergenaufstand. Was sagen Sie Ihren Kritikern?
Vor rund einer Woche haben rund 50 Mitglieder der CSU-Landesgruppe ähnliche Forderungen erhoben wie wir. Wenn man die 50 CSU-Abgeordneten und die 50 CDU-Abgeordneten addiert, kommt man auf 100 Parlamentarier. Das ist ein Drittel der Unionsfraktion. Das ist durchaus von Gewicht. Wir sind aber weder Revolutionäre noch Aufständische. Heutzutage halten einen manche schon für revolutionär, wenn man die Einhaltung der geltenden Gesetze verlangt.
Die Kanzlerin argumentiert, sie benötigt noch Zeit, um europäische Länder und Drittstaaten von einem gemeinsamen Vorgehen zu überzeugen. Wie viel Zeit geben Sie der Kanzlerin noch?
Uns allen wäre es am liebsten, wenn wir eine europäische Lösung hinbekämen. Aus diesem Grund hat es auf dem CDU-Parteitag im Dezember auch den Beschluss gegeben, einer europäischen Lösung noch eine Chance zu geben. Nach sechs Wochen ist die Situation in Europa aber schlechter als zuvor. Wenn wir auf die Abwehrhaltung in Schweden, Ungarn, Polen und der Slowakei blicken, muss Deutschland handeln. Selbst Frankreich will keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. Wir brauchen nationale Maßnahmen, um ein einheitliches Vorgehen in Europa zu erzwingen.
Was soll Deutschland tun?
Das, was im Gesetz steht: an der Grenze sollten bestimmte Personen zurückgewiesen werden. Wenn beispielsweise Algerier kurz vor der deutschen Grenze ihre Papiere wegwerfen, sollten wir von ihnen verlangen, dass sie sich zunächst an die algerische Botschaft in Wien wenden und sich dort Ersatzpapiere beschaffen. Damit können sie dann an die deutsche Grenze kommen. Heute ist es so, dass viele Menschen ohne gültige Papiere über die Grenze gelangen. Natürlich muss es Ausnahmen aus humanitären Gründen geben. Schon früher war es so, dass eine schwangere Frau mit kleinen Kindern nicht abgewiesen worden ist.
Bis wann muss es nationale Maßnahmen an der deutschen Grenze geben?
Ich bin davon überzeugt, dass es in den nächsten vier Wochen eine Lösung geben wird. Das hat weniger mit Landtagswahlen zu tun als mit unhaltbaren Zuständen an der Grenze.