Kritik und Anregungen von Bürgern Wie kann die Esslinger Altstadt solar werden?
Wie viel Solaranlagen vertragen die Dächer der Esslinger Altstadt? Und was sagt der Denkmalschutz dazu? Diese Fragen sind bei einem Workshop debattiert worden.
Wie viel Solaranlagen vertragen die Dächer der Esslinger Altstadt? Und was sagt der Denkmalschutz dazu? Diese Fragen sind bei einem Workshop debattiert worden.
Kontrovers und engagiert haben Bürgerinnen und Bürger das Esslinger Modellprojekt denkmalverträgliche Energiewende in der Altstadt diskutiert. Im Mittelpunkt des Informationsabends, der von Mitarbeiterinnen der Stadtberatung Dr. Sven Fries moderiert wurde, stand dabei das viel diskutierte Thema Solaranlagen sowie das geplante Solarkataster und die Gestaltungssatzung, die den rechtlichen Rahmen für Solaranlagen in der Altstadt regeln soll.
Die Esslinger Verwaltung möchte mit Hilfe des Modellprojekts die denkmalverträglichen Potenziale der regenerativen Energiegewinnung für das Gebiet der mittelalterlichen Reichsstadt sowie die Stadterweiterungen des 19. Jahrhunderts bestimmen. Dazu hat die Kommune die Erstellung eines Solarkatasters für die Esslinger Altstadt in Auftrag gegeben, das bis Mitte Juli vorliegen soll, berichtete der städtische Denkmalpfleger Andreas Panter. Mit der Veranstaltung wolle man den Wunsch nach einer öffentlichen Diskussion aufgreifen, die Bürger einbinden und über die Arbeit der Denkmalschutzbehörde informieren.
Am Beispiel der Beutau wurde vorgestellt, wie das Solarkataster einmal aussehen soll. Demnach soll Solarnutzung auf besonders herausragenden Gebäuden wie Kulturdenkmäler in der Regel ausgeschlossen sein. Außerdem wurden mit Rücksicht auf die historische Esslinger Dachlandschaft, die wegen der Tallage der Stadt von einigen besonderen Aussichtspunkten gut einsehbar ist, Dächer identifiziert, die für diese Dachlandschaft besonders relevant sind. Auf diesen sollen künftige Solaranlagen nur in die Dachdeckung integriert und an die Dachfarbe angepasst sein. Andreas Panter erklärte, es gebe in der Esslinger Altstadt allerdings eine große Anzahl Dächer ohne solche Einschränkungen.
Spezialziegel, die als Solaranlage funktionieren, hatten Melanie Findeis und Dirk Fausten von den Esslinger Stadtwerken mitgebracht. „Das kann doch niemand bezahlen“, kommentierte ein Besucher Faustens Aussage, wonach diese Solarziegel auch wegen der etwas geringeren Stromausbeute etwa doppelt so teuer sind wie eine herkömmliche PV-Anlage.
Wenig Verständnis für das Vorgehen der Verwaltung zeigte Thomas Kielmeyer, der mit seiner Familie das Kielmeyerhaus am Marktplatz gastronomisch nutzt. „Das ist eine weitere Gängelung der Bürger durch die Stadt“, sagte der Architekt und sprach von einer konservativen und restriktiven Auslegung der Leitlinien zur Installation von Photovoltaikanlagen, die das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg erst im April aktualisiert hat und die Panter als Basis für seine Arbeit bezeichnete.
Die Positionen der Esslinger Verwaltung stünden im Widerspruch zu höchstrichterlichen Entscheidungen, ergänzte Kielmeyer. Auch Stadtrat Hermann Falch (Freie Wähler), der dem Verein Haus & Grund vorsitzt, meldete Kritik mit Blick auf die geplante Gestaltungssatzung an: „Wir werden uns die Satzung sehr genau anschauen und sie rechtlich prüfen lassen“, sagte der Architekt.
Anregungen und Kritik, die die Teilnehmer der Veranstaltung im Alten Rathaus, darunter zahlreiche Anwohner und Hausbesitzer, in den fünf Arbeitsgruppen formuliert und eingespeist haben, sollen im Solarkataster Niederschlag finden. Außerdem arbeitet die Verwaltung an besagter Gestaltungssatzung, die künftig den rechtlichen Rahmen für die Errichtung von Solaranlagen in der denkmalgeschützten Altstadt, von den Fachleuten Gesamtanlage genannt, regelt. Hier geht es um die Machart und die Anordnung von Solaranlagen.