Hätte das Medium doch gleich zu Beginn den Kontakt zur ermordeten Mutter aufgenommen. Dann hätten die „Tatort“-Ermittler aus der Schweiz den Fall viel schneller lösen können – und dem Zuschauer die zähe Parade der Verdächtigen erspart.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Stuttgart - Die Rettung aus dem Jenseits kommt viel zu spät. Nachdem Einsatzkräfte die suizidgefährdete Emma Müller (Annina Walt) nicht finden können, hilft den Ermittlern Liz Ritschard (Delia Mayer) und Reto Flückiger (Stefan Gubser) nur noch ein Medium. Auch wenn das Spezialgebiet des spirituellen Heilers eigentlich das Gespräch mit Toten ist, helfen seine übernatürlichen Fähigkeiten dabei, das betäubte Mädchen zu retten– und die zehn spannendsten Minuten im aktuellen „Tatort“ zu beenden. Hätte doch schon zu Beginn der Kontakt zur ermordeten Mutter geklappt, dann wären dem Zuschauer einige Längen erspart geblieben.

 

Denn in den übrigen 80 Minuten des Krimis geht es vor allem darum, möglichst viele Charaktere einzuführen, die mit dem Tod der ermordeten Donna Müller (Elena Bernasconi) zu tun haben könnten. Verbitterte Väter, frustrierte Kinder, erpresste Ex-Liebhaber: sie alle hängen mit ihrem Foto an der zugekleisterten Verdächtigen-Wand des Polizeipräsidiums. Es tauchen so viele Personen auf, dass kaum Zeit für eine ordentliche Charakterbildung bleibt. Das führt dazu, dass sich die Drehbuchautoren häufig am Klischee-Baukasten bedienen. Dabei springen Typen heraus wie der Standard-Macho Daniele Rossi (Hans-Caspar Gattiker) und der indische Bilderbuch-Guru Alain Schaller (Juan Bilbeny).

Viel Stoff für einen Krimi

Als wäre das nicht genug, werden die ganzen Charaktere auch noch in einen prall gefüllten Thementopf geworfen. Haben die Väter versagt und ihre Kinder aus purem Egoismus ins Unglück gestürzt? Oder sind die rachelüsternen Väter die eigentlich Opfer, weil sie beim Sorgerecht immer den Kürzeren ziehen? Vielleicht hat die esoterische Mutter ihre Kinder zu sehr gegängelt? Oder geht es eher um Erpressung und das Leid der Frauen, die keine Kinder bekommen können? Das alles ist zu viel Stoff für einen Krimi.

Eigentlich schade. Denn rein technisch ist den Schweizern mit dem „Tatort“ ein feiner Film gelungen. Es genügen wortlose Szenen aus den kühlen Krankenhaus-Zimmern, um das Gefühlsleben der leidenden Kinder zu vermitteln. Da ist es nicht nötig, dass Reto Flückiger sagt: „Es ist schon extrem, was mit den Kindern passiert.“ Die Bilder allein sprechen eine deutliche Sprache, die Musik erzeugt eine erdrückende Atmosphäre und das glucksende Wasser am Schiffsbug hüllt den grübelnden Kommissar in die richtige Stimmung. Leider bleibt die Geschichte auf der Strecke und die Charaktere wirken flach.