Das Frauenbild in den Medien setzt Mädchen unter Druck, sagt die Sozialpädagogin Petra Wolf. Dazu würden auch Serien wie „Germany’s next Topmodel“ beitragen.

Fellbach - Erst kürzlich hat das Amtsgericht Waiblingen einen 20-Jährigen aus Kernen nach dem Jugendstrafrecht wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. Er hatte laut Anklage der Staatsanwaltschaft auf dem Kurznachrichtendienst Whatsapp einen Sex-Chat mit einer Zwölfjährigen geführt und sie aufgefordert, ihm ein pornografisches Bild von sich zu schicken. Mädchen wollen attraktiv, schlank und sexy sein, sagte die Sozial- und Medienpädagogin Petra Wolf aus Schönaich in ihrem vom Elternbeirat des Friedrich-Schiller-Gymnasiums organisierten Vortrag in der Aula des Maickler-Schulzentrums. „Und um aufzufallen und positive Rückmeldungen zu bekommen, zeigen sie sich auf Fotos im Internet manchmal zu freizügig.“

 

Schlank, schön und berühmt lautet die scheinbare Formel zum Glück

Nicht nur im Internet, auch im Fernsehen lauern Gefahren, wenn auch anderer Art, und zwar in Form von Schönheitswahn und Körperkult. Das Format „Germany’s next Topmodel“ wird von 37 Prozent der 13- bis 17-jährigen Mädchen geschaut – und beeinflusst deren Frauenbild. Schlank, schön und berühmt ist die scheinbare Formel zum Glück, und wer dazugehören will, muss dem Idealbild entsprechen.

Auf Platz zwei der Mädchen-Beliebtheitsskala rangiert „Deutschland sucht den Superstar“. Doch der Traum von einer Model- oder Sängerkarriere bleibt meist unerfüllt, selbst für die Sieger solcher Castingshows, sagte Petra Wolf. Mädchen orientierten sich an Serien wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ oder „Berlin – Tag und Nacht“ und oftmals verschwimme für sie die Grenze von Fiktion und Realität. „Deshalb brauchen Mädchen Erdung, das Leben ist keine Soap, es hat nichts mit dem wirklichen Leben zu tun, wenn jemand in einer Kneipe jobbt und sich ein hippes Loft leisten kann.“

Immer weniger Mädchen sind mit ihrem Körper zufrieden

In „Bibis Beauty Palace“ oder bei „Dagi Bee“, zwei der beliebtesten Schönheitsblogs auf Youtube, dreht sich alles um Mode, Schminken und Lifestyle. Das Bild von Frauen und Mädchen im Fernsehen sowie im Internet steckt voller Klischees. Das hat Auswirkungen: Noch immer seien Mädchen auf die klassischen weiblichen sozialen Werte ausgerichtet, während die Jungs sich an Macht und Einkommen orientierten. Weibliche Comicfiguren haben oft blonde, lange Haare und Modelmaße oder niedliche Kulleraugen.

„In der Pubertät ist der Anpassungsdruck am größten“, sagte Petra Wolf. Sie weiß viel über die schwierige Beziehung zwischen „Mädchen und Medien“ und wie sehr unerreichbare Idealbilder Druck ausüben können. „Mädchenfiguren werden stereotypisiert, während bei den Jungen die Individualisierung steht.“ Eine Folge davon ist, dass nur 52 Prozent der Mädchen zwischen elf und 17 Jahren mit ihrem Körper zufrieden sind, und diese Zahl sinke immer noch weiter. Im Jahr 2006 waren es immerhin 66 Prozent. „Und immer mehr könnten sich vorstellen, operativ etwas an sich machen zu lassen“, sagte Petra Wolf. Auch weil die Mehrheit glaubt, dass ein Zusammenhang zwischen Aussehen und Beliebtheit besteht.

Die Fachfrau plädiert für eine frühe Medienerziehung

Die Medien haben nicht nur Einfluss auf das eigene Verhalten, der Umgang mit dem Internet kann auch gefährlich sein. Wer wisse schon, was alles mit einem Foto gemacht werden kann, das auf Facebook oder Whatsapp veröffentlicht wird, berichtete eine Mutter. Die Fachfrau pflichtete ihr bei: „Idealerweise fängt man deshalb schon ganz früh mit der Medienerziehung an und klärt die Kinder über Gefahren auf, aber auch über Urheberrechte und Rechte am Bild.“ Wichtig sei auch, dass die Kinder das Gefühl hätten, mit allem zu ihren Eltern kommen zu können, betonte die Sozialpädagogin. „Und zwar ohne den Druck, dass ihnen danach gleich ein Internet- oder Handy-Verbot droht.“