Der Parenzana-Radweg wartet mit moderaten Anstiegen und herrlichen Ausblicken neben Schienen auf.

Neben uns das Meer, links die Straße, so radeln wir die ersten Kilometer hinter Koper auf dem Parenzana-Radweg. Blau das Meer, blau der Himmel, ein Windchen umweht die Nase. "Weg der Gesundheit und Freundschaft" heißt dieser länderübergreifende Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse.

 

Die Bahn fährt schon lange nicht mehr. Von 1905 bis 1935 verband sie als österreichisch-ungarische Schmalspurbahn Triest mit Parenzo im heutigen Kroatien. Dass es einmal eine richtige Panoramabahn war, merken wir bald. Hinter Izola geht es bergauf, wir genießen bald einen herrlichen Rundblick auf die slowenische Adriabucht. Der Anstieg ist leicht zu meistern, die maximale Steigung der Strecke ist 2,8 Prozent. Dann der erste Tunnel, wieder etwas bergauf und wir rollen bereits bergab nach Portoroz, einem quirligen Kurort an der Küste.

Genial, wie die Eisenbahnbauer diese Strecke anlegten und wie wir so komfortabel über die Berge kommen. In Lucija müssen wir den Weg suchen, weil wir nicht auf der Hauptstraße weiterfahren möchten. Wir durchqueren einen Campingplatz, tatsächlich geht der Weg dahinter weiter. Bei den Salzfeldern von Secovlje erreichen wir die Grenze. Ist der Radweg in Slowenien fast durchgängig asphaltiert, so geht es auf den nächsten 60 Kilometern in Kroatien meist ziemlich holprig zu. Für Rennräder wäre hier Schluss, mit unseren Mountainbikes haben wir keine Probleme. Wir schlängeln uns durch Felder, Olivenhaine und treten kräftig bergauf. Unser Ziel, das Bergdorf Groznjan, thront auf 290 Metern über dem Mirnatal und wird heute hauptsächlich von Künstlern bewohnt. Die grob gepflasterten Gassen sind eng, für Autos gibt es hier keinen Platz. Die Übernachtung in einem mittelalterlichen Steinhaus macht den Aufenthalt zu einem Erlebnis.

Am nächsten Tag radeln wir am Hang des Mirnatals entlang. Keine Straße kreuzt den Weg, keine Ortschaft wird berührt. Dafür geht es immer wieder durch Tunnels und über Viadukte. Am Anfang zählt man sie noch, dann nicht mehr. Es fasziniert uns, diesen Spuren technischer Meisterleisung zu folgen. Kaum zu glauben, dass hier jemals ein Zug fuhr. Irgendwann sind wir fast wieder auf Meereshöhe, in der Ortschaft Livade.

Unser nächstes Etappenziel ist Motovun. Die alte Bahntrasse wird hier als Wirtschaftsweg genutzt. Die letzten Meter hinauf werden hart, denn die Bahn führte nicht ganz hinauf, sondern ein Stück weiter unten im Tunnel am Ort vorbei. An der Stadtmauer kann man ein Stück um den Ort herumlaufen und das Panorama genießen: Wälder, Hügel, alles grün so weit das Auge reicht. Auch Motovun ist ein Bergdorf mit an den Berg hingeklebten Häusern und engen Gässchen. Am dritten Tag unserer Tour holpern wir in vielen Windungen, kleinen Anstiegen und kurzen Abfahrten dem Ende des Parenzanawegs entgegen. In Vicinada ist Schluss mit dem Radweg auf der ehemaligen Bahntrasse, ab hier geht es auf der Straße abwärts Richtung Porec.

Zurück radeln wir an der Küste entlang nach Savudrija, teilweise auf der Hauptstraße, was in den Sommermonaten nicht zu empfehlen ist. In Kostanjija verweilen wir am Meer, in Savudrija unternehmen wir einen Abstecher zum Leuchtturm. Am letzten Tag folgen wir ab Savudrija dem Radzeichen R13. Über Nebenstraßen radeln wir nach Osten – bis wir wieder auf dem Parenzana-Weg sind.

Die Leserreise

Der Leser
Christian Sorg (59) aus Möglingen ist Lehrer und begeisterter Radfahrer, auch Tourenleiter beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club.

Die Reise
1.Tag: Koper bis Groznjan, 2.Tag: Groznjan - Motovun. Bei der Weiterfahrt die Zufahrtsstraße nach Groznjan wieder zurückfahren und den neu eröffneten Tunnel benutzen. Von Livade lohnt ein Abstecher nach Istarsque Oplice, ein Kur- u. Freibad unter Felsen. 3.Tag Motovun - Porec. 4.-6.Tag: Rückfahrt an der Küste in zwei bis drei Tagesetappen, ca.100-120 km, je nachdem wie viele Schleifen am Meer man fährt.

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall in einem mittelalterlichen Steinhaus übernachten. In die Satteltaschen gehört eine Matte, um sich zwischendurch in der Natur auszustrecken.
Auf keinen Fall sollte man im kroatischen Hinterland mit Euro bezahlen wollen und für die Tour weniger Zeit als empfohlen einplanen.

Unterkunft
Hotels in Koper und Izola (auch mit Auto-Abstellmöglichkeiten), günstige Privatzimmer in Groznjan und Motovun, Hotels an der Küste. Außerhalb der Hochsaison keine Reservierung notwendig.