Unterwegs auf einem Segelboot erlebt man das Meer, die Strände, aber auch die Städte, Dörfer und Naturschönheiten Kroatiens besonders intensiv.

Rieke, eine zierliche, aber kesse Blondine, steht am riesigen Steuerrad. Kaum hat der Rest der Besatzung mit die Segel gesetzt, da erfasst der Wind die Yacht „Chilled“. Schwer legt sich das Einrumpfboot auf die Seite, heftig stößt der Bug immer wieder hinein in die anlaufenden Wellen. Rieke hält sich krampfhaft fest. „Was soll ich tun?“, presst sie zwischen den Lippen hervor. Skipper Paul bleibt ganz ruhig. „It’s okay“, meint er nur, „alles gut.“ Das „It’s okay!“ wird zum Lösungswort dieser Reise werden. Immerhin: Rieke und ihre Mitsegler an Bord entspannen sich, beginnen zu genießen, wie das Boot immer schneller durch die Wellen pflügt. An Bord der „Chilled“, einer Jeanneau 47 mit knapp 15 Meter Länge von der Charterfirma Sunsail, haben überwiegend blutige Anfänger eingecheckt. Sie wollen die Ferien an Bord mit einem Segelkurs verbinden. Nach der obligatorischen Sicherheitseinweisung durch Chiefinstructor Paul Winson aus Cardiff (Wales) geht es los von der Marina Agana, 30 Kilometer von Split.

 

Die Sorgen des Alltags sind vergessen

Ein leichtes Vibrieren zeigt an, dass die Rumpfgeschwindigkeit erreicht ist, die Höchstgeschwindigkeit, die unter Segeln überhaupt möglich ist. Wenn der Wind noch stärker wird, erklärt Paul, legt sich das Boot nur weiter zur Seite. Allerdings wird dadurch nur die Abdrift größer, das Schiff aber nicht mehr schneller. Deshalb würde man dann ein Reff ins Großsegel binden und das Vorsegel ein wenig einrollen. Dadurch hat der Wind weniger Angriffsfläche, das Schiff segelt aufrechter und wieder schneller. Kapiert? Stirnrunzeln bei den Segelschülern. Aber Skipper Paul bleibt geduldig und erklärt alles immer wieder. Zwischendurch zeigt er Knoten - ein Kapitel für sich. Doch jetzt fliegt das Boot nur so zwischen den Inseln und Inselchen über das blaue Meer. Die Sorgen des Alltags sind wie weggeblasen. Schneller als gedacht taucht vor dem Bug der angesteuerte Hafen auf. Das Anlegemanöver erfolgt hier an der dalmatinischen Küste nach speziellen Regeln. Hier parken die Boote „römisch-katholisch“, also nicht einfach längs zur Kaimauer, sondern im rechten Winkel dazu. So passen mehr Boote an eine Mole. Überall in den Hafenbecken liegen deshalb „Lazylines“, mit deren Hilfe der Bug am Grund des Hafenbeckens festgemacht wird. Ankern ist nicht nötig. Das Heck am Ufer vertäut, rasch eine Planke hinüber und auf geht’s zur Erkundung des Hafenstädtchens. Ein erstes Bier löscht den Durst. Segeln macht hungrig, und so trifft sich in den Restaurants rund um den Hafen das Seglervölkchen, erkennbar an der praktischen Kleidung und den Bootsschuhen. Ein gutes Gefühl dazuzugehören.

Zum Schluss noch ein Drink an der Hafenmole, rasch zieht es die müden Matrosen in die Koje. Es schläft sich überraschend gut, wenn das Schiff leise hin und her schaukelt. Wie eine Perlenkette liegen pittoreske Städtchen wahlweise mit großer Geschichte oder toller Natur auf der Route. Von der Marina Agana geht es ins Städtchen Trogir, dessen Altstadt auf einer Insel liegt und damit autofrei ist. Kroatische Jugendliche, so wird erzählt, die das Herz einer jungen Dame erobern wollen, laden diese nach Trogir ein. Wenn die Auserwählte nach einem Spaziergang durch die romantischen Gässchen mit dem jungen Mann auf der Piazza ein Eis isst, dann ist das schon fast eine Verlobung. Die „Chilled“ muss aber weiter, über Rogoznica (trubeliger Hafen mit vielen guten Restaurants) nach Primosten. Auch diese alte Stadt liegt auf einer Insel. An ihrem höchsten Punkt erhebt sich eine Kirche, rundherum der Friedhof. So genießen die hier Ruhenden einen unvergleichlichen Ausblick auf Meer und Stadt. Ein weiterer Törn bringt die Yacht auf die Insel Prvic. Nur per Boot oder Fähre kommt man hin, Autos gibt es hier nicht. Himmlische Ruhe ist garantiert. Aber wenn man Glück hat, greift der Wirt des Restaurants nach dem köstlichen Mahl vom Holzkohlegrill zur Gitarre und singt für die anwesenden Damen.

Unterwegs in Skradin

Ein letzter Höhepunkt der Schul-Segelreise: Von Sibenik aus geht es nach Skradin. Die Anfahrt ist einfach sensationell. Zuerst geht es unter einer Brücke hindurch. Das ist gar nicht so ohne, denn der Mast ist allein schon 20 Meter hoch. Nur in der Mitte kann man gefahrlos unter der Brücke hindurchfahren. Der Kurs folgt einem Canyon. Links und rechts liegen Muschelbänke: einfach anlegen und für ein paar Kuna gibt es das leckerste Mittagessen überhaupt, garantiert fangfrisch. Immer enger wird das Tal, erinnert an einen norwegischen Fjord. Grüne und rote Tonnen zeigen die Grenzen des Fahrwassers an, rechts und links ragen steil die Felswände empor. Die Grenze zwischen Salzwasser- und Süßwasserbereich kann, wer genau hinsieht, am Wechsel des Pflanzenbewuchses am Ufer erkennen. Noch einmal unter einer Brücke hindurch, diesmal eine riesige Autobahnbrücke, dann ist Skradin erreicht. Von dort darf man nur noch zu Fuß, mit dem Passagierschiff, dem Bike oder dem Taxi weiter zu den weltberühmten Wasserfällen im Krka-Nationalpark. Holzstege winden sich durch sumpfartige Urlandschaften, in denen es schon vor Jahrtausenden erste menschliche Siedlungen gab.

Auch antike Mühlen finden sich. Und noch heute wird das Wasser zur Stromgewinnung verwendet. Sibenik war dank der Wasserenergie die erste europäische Stadt, die elektrisches Licht hatte, lange vor Paris, London oder Berlin. Weiter führen die Holzstege, immer tiefer, bis es ganz am Grund um eine letzte Ecke geht. Der Mund bleibt vor Staunen offen: Ein riesiger Wasserfall rauscht hernieder. Dumpfes Rauschen, Gischt, Wellen, Urgewalten! Zurück in Skradin ist es Zeit, Abschied zu nehmen von der „Chilled“. Eine gute Gelegenheit für ein traditionelles kroatisches Mahl: Peka. Auf einer Stahlplatte wird ein Feuer entfacht. Ist die Platte heiß, wird das Feuer beiseitegefegt. Dann kommt eine Kasserolle drauf, gefüllt mit Kartoffeln und Gemüse, oben eine Lage Fleisch vom Schaf, Rind oder Schwein. Abgedeckt wird alles mit einer Cloche, auf die wieder die Glutreste des Feuers gefegt werden. Eine Stunde muss das Ganze brutzeln. Herrliche Düfte steigen auf, dazu ein bekömmlicher, wohlschmeckender leicht gekühlter Roter vom Winzer um die Ecke. Gar nicht so schlecht, das (moderne) Piratenleben.

Infos zu Kroatien

Kroatien

Anreise

Mit dem Flieger nach Dubrovnik oder Split. Von dort weiter mit Taxi oder Shuttle-Bus in die Marina. Dort steht das Personal zur Bootsübergabe bereit, eine (Sicherheits-)Einweisung ist unerlässlich.

Segelboot chartern

An der kroatischen Küste gibt es viele Charterangebote. Am leichtesten tut sich derjenige, der den passenden Segelschein und das Funkerzeugnis hat, das ihn berechtigt, ein Segelboot zu führen. Der chartert einfach „Bareboat“. Wer die Scheine aber nicht hat, kann sich zu Hause einen Skipper suchen. Oder er mietet gleich die Yacht mit Skipper. Die Agentur Sunsail mit ihrer Basis in Marina Agana bietet Bareboat-Charter ohne Skipper, Chartern mit Skipper oder auch Segelkurse, www.sunsail.de , www.master-yachting.de

Unterkunft

Geschlafen wird an Bord in Doppelkabinen. Klassisch sind Einrumpfboote, sogenannte Monohulls. Sie segeln sich sehr sportlich, krängen dafür stark im Wind und schaukeln im Wellengang. Auf einem Einrumpfboot ist der Wohnraum knapp bemessen, dafür ist man der Natur sehr nahe. Groß im Kommen sind Katamarane. Dank zweier Rümpfe liegen sie stabil im Wasser. Die Schlaf-Kajüten sind in den Rümpfen, das Deckshaus dazwischen ist sehr geräumig. Alles ist vorhanden: Küche mit Kühlschrank, eine Sitzgruppe, Stereoanlage, Heizung, WLAN. Die Kosten für das Schiff liegen zwischen 500 und 1000 Euro pro Person und Woche, je nach Größe des Schiffes und Saison.

Skipper

Wer möchte, kann beim Vercharterer gleich einen Skipper mit engagieren. Der fungiert als „Chauffeur“, kümmert sich aber auch um alles bis hin zum Proviant oder gibt Tipps für den abendlichen Restaurantbesuch. Die Crew hat Urlaub, sie kann sich aber auch einbringen. Das kann vor Beginn der Reise abgesprochen werden. Kosten für den Skipper: etwa 150 Euro pro Tag plus Verpflegung.

Segelkurs

Man kann die Segeltour auch als Segelkurs absolvieren. Ein extra geschulter Segellehrer gibt den Kurs vor, sorgt für die Sicherheit an Bord und zeigt die nötigen Schritte. Learning by Doing ist angesagt, einfach mal machen. Schnell werden zunächst ungewohnte Handgriffe, Ausdrücke und Manöver zur Selbstverständlichkeit, ganz ohne Stress. Am Ende kann (muss aber nicht) eine Prüfung stehen, die einen irgendwann dazu berechtigt, selbst eine Yacht zu führen.

Essen und Trinken

Gekocht wird gemeinsam an Bord, oder der Skipper erledigt das. Das wird vor Beginn der Reise vereinbart. In allen Häfen entlang der dalmatinischen Küsten gibt es hervorragende Restaurants, gekocht wird mediterran mit viel Fisch, gegrilltem Fleisch, Olivenöl und Gemüse. Spezialität des Landes ist Peka: dabei wird Fleisch und Gemüse stundenlang in einer Kasserolle im offenen Feuer gegart. www.alleskroatien.com/dalmatinische-peka-kroatische-rezepte.html

Sehenswertes

Trogir: Romantische Stadt mit alten Gemäuern auf einer Insel, www.trogironline.de
Rogoznica: Trubeliger, lebhafter Hafen, www.tz-rogoznica.hr
Primosten: Bester Rundumblick vom Friedhof an der Kirche. Lebhaftes Treiben im Hafen und in der Altstadt, abends Live-Musik. http://primosten.kroatische.de
Prvic: Diese Insel ist autofrei, alles sehr ruhig. Es kann schon mal passieren, dass der Wirt nach dem Essen zur Gitarre greift und Liebeslieder singt, http://insel-prvic.kroatische.de
Krka-Nationalpark: Von Primosten aus fährt man mit dem Boot durch einen Fjord tief ins Landesinnere. In Skradin heißt es umsteigen, mit dem Touristenschiff geht es in den Nationalpark. Dessen Hauptattraktion sind die Wasserfälle, die über Holzdielenwege zu erkunden sind. Beste Zeit ist frühmorgens oder kurz vor 18 Uhr, dann sind noch nicht oder nicht mehr so viele Besucher da, www.sibenik-tourism.hr/de/, http://www.nationalpark-krka.de/

Allgemeine Informationen

Kroatien gehört zwar zur Europäischen Union, hat aber nicht den Euro. Die Landeswährung heißt Kuna. 100 kroatische Kuna (HRK) entsprechen rund 13 Euro, internationale Scheck- und Kreditkarten werden meist ohne Probleme akzeptiert. Kroatische Zentrale für Tourismus, www.croatia.hr