Zum Weltgeflüchtetentag lädt das des Stuttgarter Aktionsbündnis für Menschenrechte zu Aktionen in ihr Camp ein. Zu hören ist dort unter anderem der ehemalige Kapitän des zivilen Seenotrettungsschiffes Lifeline und es gibt VR-Brillen geben, mit denen Fluchterfahrung erlebbar wird.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Mitte - Jonas Gutknecht hat das Elend der Menschen mit eigenen Augen gesehen. Im vergangenen Jahr war er in Griechenland, um in einem Flüchtlingslager auf dem Festland zu helfen. Er war erschüttert und fassungslos darüber, dass das reiche Europa mit verschränkten Armen tatenlos daneben steht: „Ich finde es unerträglich, dass vor unserer Haustüre Menschen ertrinken wie Tiere, nur weil einige Angst um unseren Wohlstand haben.“ Oft besucht Gutknecht die Internetseite missingmigrants.iom.int, wo fortlaufend die Zahl der 2021 im Mittelmeer Ertrunkenen aktualisiert wird. 813 Tote waren es zum Zeitpunkt als dieser Artikel geschrieben wurde.

 

Solidarische Migrationspolitik

Von Griechenland zurück in Stuttgart, wo Gutknecht Luft- und Raumfahrttechnik studiert, sei ihm klar geworden, dass die Helfer in den griechischen Lagern „einen Kampf gegen Windmühlen führen, so lange im restlichen Europa der politische Wille fehlt, Geflüchtete aufzunehmen“. Gutknecht begann, sich bei der Seebrücke zu engagieren. Die zivilgesellschaftliche Bewegung tritt ein für Geflüchtete und eine „solidarische und menschenrechtsbasierte Migrationspolitik“, und sie engagiert sich gegen Abschottungspolitik. Ihre Vision ist eine „Welt, in der nicht Zufälle wie der Geburtsort oder der Pass darüber entscheiden, wo ein Mensch leben darf“.

Die Seebrücke ist Teil des Stuttgarter Aktionsbündnis’ für Menschenrechte und Flucht (SAMFT), das an diesem Wochenende, 19. und 20. Juni, ein Protestcamp auf dem Stuttgarter Kronprinzplatz aufbaut. Sein Motto ist: „Menschenrechte sind #unverhandelbar.“ Anlass ist der Weltgeflüchtetentag am Sonntag. Ziel des Camps sei es nicht allein, an die Menschen in den Lagern zu erinnern, die noch neun Monate nach dem verheerenden Brand in Moria zu Zehntausenden unter unwürdigen Bedingungen leben müssten, sagt Gutknecht. „Unser primäres Ziel ist es dabei insbesondere die Mitte der Bevölkerung über die aktuelle Situation zu informieren und zu sensibilisieren.“

Geflüchtete berichten

Das Aktionsbündnis hat dazu ein breites Programm auf die Beine gestellt, das am Samstag um 12 Uhr mit einer Kundgebung beginnt. Weitere Kundgebungen finden am Samstag um 16 Uhr und zum Abschluss am Sonntag um 14 Uhr statt. Dabei kommen Geflüchtete zu Wort und Helfer von vor Ort. Zu hören sein wird unter anderem der ehemalige Kapitän des zivilen Seenotrettungsschiffes Lifeline. Es wird VR-Brillen geben, mit denen Fluchterfahrungen erlebbar werden, ein Zelt des UN-Flüchtlingshilfswerkes sowie Ausstellungen und Infostände der beteiligten Organisationen. Zum Ende werden Grablichter für die auf der Flucht Ertrunkenen angezündet.