StZ-Autor Michael Heller warnt die Anleger davor, Geld in die Kryptowährung zu investieren, die für ihn nichts als ein Spekulationsobjekt ist.

Stuttgart - Verglichen damit ist der Trip mit dem Sportwagen eine gemütliche Kaffeefahrt. Das digitale Zahlungsmittel Bitcoin bricht alle Rekorde. Binnen Jahresfrist hat sich der Wert dieser Kryptowährung vervielfacht, alleine in der abgelaufenen Woche ist der Kurs um die Hälfte gestiegen. Da mag sich mancher Anleger, der unter der faktischen Abschaffung der Zinsen leidet, mächtig geärgert haben: Wer zum richtigen Zeitpunkt eingestiegen war, konnte mit dem Bitcoin reich werden. Namen von prominenten Anlageprofis wie den Winklevoss-Brüdern in den USA, die in den letzten Tagen von manchen Medien als die ersten Bitcoin-Milliardäre gefeiert wurden, legen das nahe.

 

Das wäre für die allermeisten Menschen, die hart für ihr Geld arbeiten müssen, jedoch die falsche Reaktion. Denn der Bitcoin ist aus Anlegersicht keine Währung, sondern ein reines Spekulationsobjekt. Wer hier investiert, könnte sein Geld ebenso gut zur Spielbank tragen. Das Risiko des Totalverlusts ist fester Bestandteil der Verabredung. Es ist natürlich niemandem verwehrt, sein Geld in riskante Anlagen zu stecken. Aber der Bitcoin ist keine Geldanlage, sondern eine Wette. Niemand hat eine plausible Erklärung für den fulminanten Kursverlauf, der immer mal wieder von rätselhaften Kurseinbrüchen begleitet wird. Denn auf dem Bitcoin-Markt herrscht völlige Intransparenz.

Der Bitcoin, ein Kind der Finanzkrise

Die Internetkreation ist aufgrund ihrer geringen Verbreitung wahrscheinlich kaum geeignet, das Finanzsystem zu destabilisieren. Aber ihre Erfolgsstory zeigt, dass die Welt aus der Finanzkrise, die vor zehn Jahren ausbrach, keine ernsthaften Konsequenzen gezogen hat. Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass der Bitcoin selbst ein Kind der Finanzkrise ist. Es war das Misstrauen gegen die fragwürdigen Praktiken der etablierten Banken und gegen die Geldpolitik der Zentralbanken weltweit, das als Geburtshelfer gewirkt hat.

So haben findige Entwickler den Bitcoin auf der Grundlage des kollektiven Vertrauens der Internetgemeinde als Zahlungsmittel konstruiert. Entstanden ist ein System, das keine Notenbank braucht und die kommerziellen Kreditinstitute daran hindert, die Menge des kursierenden Geldes aufzublähen. Das ist seit Langem ein faszinierender Gedanke, dem nicht nur Computernerds anhängen. So trauern nicht wenige Menschen den Zeiten nach, als zum Beispiel die Ausgabe von Geld beschränkt war durch die Bindung an vorhandenes Gold.

Hackerattacken sind an der Tagesordnung

Der Bitcoin und seine an die tausend Klone haben in der Vergangenheit aber nicht das Vertrauen gewinnen können, das die Befürworter den etablierten Währungen absprechen. Es gibt hier eben keine große Gemeinschaft von Gleichen, sondern eine Schar von Mitspielern mit mehr, weniger und gar keiner Macht – was wiederum von keiner neutralen Instanz kontrolliert wird. Dass hier keine bessere Welt entstanden ist, zeigt sich auch daran, dass die Attacken von Hackern, bei denen Bitcoin gestohlen werden, allgegenwärtig sind.

Das hindert die etablierten Finanzanbieter aber nicht daran, das Interesse am Bitcoin und die Faszination, die diese Innovation ausstrahlt, für ihre eigenen Interessen auszunutzen. So feiert in der Nacht auf diesen Montag der erste Bitcoin-Terminkontrakt in den USA an der Börse CBOE Premiere. Eine Woche später folgt dann die ebenfalls in Chicago ansässige CME. Und die US-Investmentbank Goldman Sachs plant offenbar, ihren Kunden die Abwicklung von Bitcoin-Transaktionen als Dienstleistung anzubieten. Spätestens an dieser Stelle müssen bei den Verantwortlichen in der Politik und in den Aufsichtsbehörden sämtliche Alarmglocken schrillen. Denn es geht darum, die virtuellen Handelsplätze besser unter Kontrolle zu bringen. Unregulierte Märkte sollten der Vergangenheit angehören – auch wenn sie mit futuristischem Chic daherkommen.