Küchenparty beim Löwen in Steinenbronn Wenn Spitzenköche mit ihren Gästen eine Party feiern
Bei einer Küchenparty im Gasthaus Zum Löwen in Steinenbronn konnten die Gäste Sterneköchen, Fernsehköchen und einem Hobbykoch über die Schulter schauen.
Bei einer Küchenparty im Gasthaus Zum Löwen in Steinenbronn konnten die Gäste Sterneköchen, Fernsehköchen und einem Hobbykoch über die Schulter schauen.
Gute Partys enden oft in der Küche. Dass sie dort schon beginnen, kommt eher selten vor. Es sei denn, man nennt sein Fest „Küchenparty“ und öffnet das Herz des Restaurants für seine Gäste. Der Koch Marcel Hild, der in Steinenbronn das Gasthaus Zum Löwen führt, hat genau das getan und am Wochenende seine Gäste in die heiligen Hallen seines Schaffens geladen. Dort, wo sonst nur sein Küchenteam Pfannen schwenkt und Teller anrichtet, schlenderten Leute mit Sektglas in der Hand hindurch, blickten den Köchen über die Schulter und ließen sich mal hier, mal dort einen Teller geben.
Stress pur für die Köche? Im Gegenteil, sagt Hild. Der direkte Kontakt zu den Gästen sei eine herrliche Abwechslung und biete die Gelegenheit, über die Gerichte oder die Herkunft der Produkte zu sprechen. „Und manche Gäste sagen: Sie wussten gar nicht, wie viele Handgriffe das Anrichten von einem Teller bedeutet.“
Immer mehr Gastronomen feiern Küchenpartys, jene im Löwen sticht aus einem Grund hervor: „Das Besondere bei uns ist, dass wir Gastköche da haben“, sagt Hild. Möglich sei das, da seine Küche viel Platz biete. Und selbst im Lagerraum, in dem sich Schüsseln stapeln und Kisten mit „Spätzlespressen“ beschriftet stehen, wurden für den Abend Herdplatten aufgebaut. Acht Essstationen hatte Hild so untergebracht und, da er selbst natürlich auch ein Gericht anbietet, sieben Gastköche eingeladen.
Deren Schar war bunt. Einige kamen aus der Region, andere waren für die Anreise sechs Stunden im Auto gesessen. Pia-Engel Nixon und Ralf Jakumeit sind als Fernsehköche bekannt. Bernd Werner vom Hotel Schloss Eberstein und Alexander Wulf vom Troyka Restaurant hatten beide einen Michelin-Stern im Gepäck. Gerhard Daumüller ist Hobbykoch und baut auf seinem Keltenhof in Filderstadt jene Produkte an, mit denen die Spitzenköche arbeiten. In einer Ecke wurde überhaupt nicht gekocht: Das Team des Sindelfinger Chocolatiers Kevin Kugel verwöhnte die Gäste mit Pralinen. Sie alle haben für die Küchenparty ihre eigentliche Wirkungsstätte zurückgelassen und machten sich zusätzliche Arbeit, die sich wirtschaftlich nicht lohnt. Was motiviert sie? „Es ist mehr Spaß als Arbeit“, sagte Pia-Engel Nixon, die im Fernsehen mit Frank Rosin gedreht hat. „Ich habe Bock auf so was.“ Der Abend biete die Gelegenheit, sich mit Kollegen auszutauschen, und manchmal gucke sie sich auch was ab.
Bernd Werner war zum ersten Mal aus dem Badischen nach Steinenbronn gekommen. „Das macht man aus Kollegialität und aus Leidenschaft“, sagte er und lächelte breit, während er eine confierte Jakobsmuschel anrichtet. „Man könnte es sich im Leben einfacher machen, aber es macht Spaß.“ Der Abend sei wie ein Klassentreffen. Von Gästen beobachtet zu werden, stresse ihn nicht. „Ich lieb’ des“, sagte der Sternekoch. „Hier sind ja nur Genussmenschen.“
Alexander Wulf bereitete den Gästen nicht weniger als sein Lieblingsgericht an: Im Borschtsch-Sud pochiertes Black-Angus-Filet mit Rote Bete und Kohlrabi-Kimchi. Der Sternekoch mit russischen Wurzeln musste am nächsten Tag mittags in seiner Kochschule in Düsseldorf stehen und hatte sich vorgenommen, noch am selben Abend abzureisen. „Aber dann haben wir uns entschieden, doch noch Party zu machen. Wir wollen Spaß haben, das Leben ist Ernst genug.“
Und die Gäste? Genießen. „Das ist nicht gut“, sagte ein hochgewachsener Mann am Stand von Pia-Engel Nixon. „Das ist unfassbar gut.“ Sonja und Matthias Wirth staunten, dass es trotz 120 Gästen kaum Warteschlangen gab, fanden die Atmosphäre entspannt und das Essen „megalecker“. Angela Mack aus Steinenbronn empfand die Küchenparty als „herrlich ungezwungen“. Ihrem Mann Holger Ahlborn gefiel die Auswahl der Gerichte: „Man ist gezwungen, was Neues auszuprobieren.“ Das sah auch Beate Lichtwald so, die mit ihrem Mann aus Tübingen angefahren war. Sie würden häufig Essen gehen, „aber hier gibt es Kreationen, die mich überraschen“, sagte sie.
Für Marcel Hild stand an dem Abend vor allem eines im Vordergrund: Das Miteinander unter Gastronomen. „Viele denken, dass wir gegeneinander schaffen. Aber wir stehen alle zusammen in einer Küche und zeigen: Wir sind füreinander da.“ Im Landkreis Böblingen sei der Zusammenhalt der Wirte besonders gut. Sie würden untereinander Essen gehen, sich gegenseitig empfehlen, Geräte austauschen oder Lebensmittel abgeben, wenn einer in den Urlaub geht. „Das ist hier im Kreis sehr besonders.“ Wie zum Beweis schauten am späteren Abend noch Tim Hornung von der benachbarten Krone und Timo Böckle vom Böblinger Reussenstein vorbei. Die Essstationen waren da zwar schon abgeräumt, für den Mitternachtssnack dürfte es aber noch gereicht haben.