Die Turbulenzen um die Krankenfahrten erreichen die Landespolitik: die SPD-Fraktion fordert von der Landesregierung Auskunft, ein Arzt alarmiert Sozialminister Lucha wegen „unerträglicher“ Wartezeiten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Turbulenzen um die Krankenfahrdienste in Baden-Württemberg beschäftigen nun auch den Landtag. Als Reaktion auf die Recherchen unserer Zeitung hat die SPD-Fraktion dazu eine Anfrage an die Landesregierung gerichtet. Der Abgeordnete Rainer Hinderer und seine Kollegen erkundigen sich darin insbesondere nach den Folgen, die die Kündigung sämtlicher privater Fahrdienste durch die Ersatzkassen im Südwesten hat.

 

Die SPD will wissen, wie und von wem die Krankenfahrten in Zukunft sichergestellt werden und mit welchen Maßnahmen die Regierung auf mögliche Engpässe reagiert. Zugleich verlangt sie Auskunft über die Hintergründe der Kündigung, die der Verband der Ersatzkassen (VDEK) zunächst mit Qualitätsmängeln und dann mit rechtlichen Problemen begründet hat. Die zuständigen Ministerien für Soziales und Inneres sollen zudem Daten über die Zahl der Fahrdienste, ihren Anteil an den Krankenfahrten und über Qualitätskriterien wie die durchschnittliche Wartezeit geben.

Dialysezentrum beklagt lange Wartezeiten

Krankenhäuser und Patienten haben große Sorgen vor Engpässen, wenn die Krankenfahrten künftig wieder vom Rettungsdienst – vor allem vom Roten Kreuz – übernommen werden. Das Sozialministerium von Manfred Lucha (Grüne) weiß davon offiziell nichts. „Quantitative Probleme“ seien „nicht an uns herangetragen worden“, sagte eine Sprecherin.

Der Ärztliche Leiter eines Stuttgarter Dialysezentrums hat sich derweil an den Minister gewandt, um ihm ein Bild der Lage zu vermitteln. In dem unserer Zeitung vorliegenden Brief berichtet er, man habe „seit Jahren Kapazitätsprobleme beim Liegendtransport“. Bisher habe man diese etwa durch den Krankenfahrdienst Schwaben „einigermaßen auffangen“ können. Seit dessen Kündigung durch die Ersatzkassen sei „der Zustand für Patienten und Mitarbeiter unerträglich“. Schwer kranke Dialysepatienten müssten nach vier Stunden Behandlung nochmals warten, bis sie abgeholt würden. Wartezeiten von bis zu drei Stunden seien nicht mehr die Ausnahme. Dies führe zu Überstunden des Pflegepersonals. Lucha könne sich gerne „vor Ort ein Bild machen, um nicht nur vom Schreibtisch aus entscheiden zu müssen“.