In einer Serie stellen wir Künstler von den Fildern vor und sprechen mit ihnen auch über Werke, die sie um keinen Preis verkaufen wollen oder solche, die seit Langem keinen Käufer gefunden haben.

Filderstadt - Ich zeichne schon länger als ich laufen kann, oder zumindest, solange ich denke.“ Diesen Satz findet man auf der Internet-Homepage von Mathias Böhm. Auch wenn das ein wenig augenzwinkernd gemeint ist, lässt sich daraus doch schließen, welche Bedeutung die Malerei für den heute in Plattenhardt lebenden Künstler hat. Das gibt er auch gern in Malkursen weiter, zu denen er seine Gäste im Elsass empfängt.

 

Der in Stuttgart geborene gelernte Grafiker und Layouter hat Mitte der 90er Jahre „Herz und Hirn“ an den Surrealismus verloren – „weil man mit dieser Stilrichtung Geschichten erzählen kann und sich keine Gedanken darüber machen muss, ob es realistisch ist.“ Großformatige Werke hängen an der Wand in seinem Atelier.

Die Bilder sind vorher im Kopf fertig

Böhm greift gern politische Themen auf, veranschaulicht gesellschaftliche Missstände, deren Auswirkungen und Zwänge auf das Individuum. Oder umgekehrt, indem er in einem Prozess der Selbstreflektion Gedanken aufnimmt und im Kontext mit der Gesellschaft betrachtet. Dazu verwendet er vor allem Ölfarben, greift jedoch auch einmal zu Kohle oder Bleistift. „Ich setzte meistens Bilder um, die schon längst in meinem Kopf fertig sind“, sagt er. Zu sehen war seine Kunst bisher unter andrem in Ausstellungen in Deutschland, Österreich, Spanien, der Schweiz und Frankreich.

Etwas ganz Besonderes sind Schuhe, die seiner Malerei statt der üblichen zwei Dimensionen einer Leinwand eine weitere Dimension für seine Gedanken bieten. Die Geschichten können „Fortsetzungsromane“ sein, die auf der Außenseite des linken Schuhs beginnen, sich auf der Innenseite fortsetzen, um dann auf der Außenseite des rechten Schuhs zu enden. So bleiben Teile auf den ersten Blick verborgen, benötigen ein näheres Hinsehen. Oder sie bestehen aus einem Bild, das sich über das Paar Schuhe erstreckt. Böhm malt auch auf Bestellung, „aber nur, wenn mir zu dem gewünschten Thema etwas einfällt.“ Und natürlich: diese „Schuh-Werke“ sind verkäuflich.

Die Schöpfung ist nicht perfekt

Unverkäuflich, oder beinahe unverkäuflich ist eine Arbeit, mit der Böhm 2006 angefangen hat und die erst 2009 fertig geworden ist. „Der zerbrochene Adam“ heißt das Gemälde, das mit Öl auf Leinwand entstanden ist. Es sollte anfangs zeigen, dass die Schöpfung nicht so perfekt ist, wie sie gerne dargestellt wird. Dann veränderte Böhm das Bild mehrfach, passte es an, packte Symbole hinein. „Das helle Kirchenfenster in einem dunklen Kirchenschiff als Zeichen der Hoffnung beispielsweise“, sagt er, das aber für Adam, die zentrale Figur in dem Werk, unerreichbar ist. Und der ist noch dazu zerbrochen, schillert in bläulichen Farben im Dunkel des Raumes und blickt unsicher, geradezu melancholisch in eine unbestimmte Richtung.

„Ich hätte ein schlechtes Gefühl dabei, das Bild zu verkaufen“, sagt der Künstler. Doch dann habe eine Bekannte ihm gesagt, dass Dinge erst dann gut werden, wenn man sie loslässt. Für 48 000 Euro, so Böhm, würde er es heute mit viel Schmerzen verkaufen. Das entspräche der Summe, mit der er in etwa ein Jahr lang in Ruhe leben und arbeiten könnte. Allerdings würde er es nicht jedem verkaufen, „es müsste an eine Person gehen, die ich kenne und bei der ich es in guten Händen wüsste“, sagt der Maler.