In einer Serie stellen wir Künstler von den Fildern vor und sprechen mit ihnen auch über Werke, die sie um keinen Preis verkaufen wollen oder solche, die seit Langem keinen Käufer gefunden haben.

Filderstadt - „Das ist nichts für übers Sofa.“ Diese Äußerung eines Galeristen fasst Johannes Enderle nicht als Kritik auf. „Das ist eine realistische Einschätzung meiner Kunst“, sagte der Mittfünfziger, der seine Werkstatt im Industriegebiet von Sielmingen hat. In der Tat muss man von einer Werkstatt und nicht von einem Atelier sprechen. Denn das Material, mit dem Enderle seine Ideen und Gedanken verwirklicht, ist Metall, „der technische Baustoff mithin“, wie Enderle sagt.

 

Und das ist schon verwunderlich. Denn der gebürtige Laichinger ist verhinderter Sozialpädagoge, gelernter Schreiner und erfolgreicher Absolvent der Fachhochschule für Technik in Stuttgart sowie diplomierter Architekt. Und er arbeitet eben mit dem kalten, harten Metall, nicht aber mit dem eher weichen und vor allem als warm geltenden Holz. „Das ist die Faszination des Fremden“, sagt er und erzählt von praktischen Dingen wie Möbeln und Leuchten aus Stahl, die er in seiner Anfangszeit gefertigt hat.

„Parallelen und Überschneidungen“

Ein Widerspruch? Sicher! Und nicht der einzige im Leben und Arbeiten des Künstlers, der in den 1990er-Jahren „in die Kunst hineingeschlittert“ ist. Denn der in einem streng pietistischen Umfeld aufgewachsene Mann beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit dem Mysterium des Glaubens – den er im Katholizismus findet – und verbindet diesen mit der Technik – und damit dem Profanen. „Zwischen diesen beiden scheinbar so gegensätzlichen Bereichen gibt es Parallelen und Überschneidungen“, sagt Johannes Enderle, und diese seien der Kern seiner Arbeit.

„Esstischleuchte mit Gänseknochenreliquie.“ So hat Enderle eine seiner Arbeiten genannt. Das klingt skurril, gar abstrus, und erklärt, warum der Galerist von „nichts für übers Sofa“ spricht und der Künstler nahezu seine gesamten Arbeiten für eigentlich unverkäuflich hält. Mit solchen Werken will er sich nicht über den Glauben lustig machen, wie Enderle betont, „ich möchte mich nur damit befassen“.

Wasserdicht verschlossener Behälter

Eine große Rolle spielen für ihn eben diese Reliquien, „die Verbindung nach oben, zum Göttlichen“. Er hat einen Grubenreliquiar geschaffen, einen tragbaren Behälter, mit dem eine Reliquie beispielsweise zu in Not geratenen Bergleuten gebracht werden kann. Ein Präzisionsfeldlinienreliquiar, bei dem ein Stück Stacheldraht aus dem Ersten Weltkrieg – das von den grausamen Kämpfen in den Dolomiten stammt – den Kern bildet.

Und ein Küstenreliquiar, für das sich – wie für die anderen Werke – bisher noch kein Käufer gefunden hat. In dem wasserdicht verschließbaren Behälter befindet sich ein verrostetes Drahtseil, das Enderle beim Ablassen der Schwarzenbachtalsperre im Schwarzwald gefunden hat. Es ist fest angebracht in einem dreieckigen, orangefarbenen Metallgestell, an dessen einem Ende eine Öse angebracht ist. „Es kann dadurch immer an einer Stelle versenkt werden, wo man die Kraft einer Reliquie braucht“, schildert Enderle seine in einem Kunstwerk umgesetzte Idee.

Keine leichte Kost, keine einfache Kunst, mit der sich Enderle beschäftigt und auf die man sich einlassen muss, um seine Gedanken zu verstehen.