Ein Mann wird ungewollt Vater weil eine gefälschte Unterschrift seine Zustimmung zur künstlichen Befruchtung vorgaukelt. Bezahlen muss er trotzdem, entscheidet das Münchner Landgericht.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

München - Sexuelle Lust und medizinische Kunst gehen vor Gericht gelegentlich im Gleichschritt, denn im Mittelpunkt der möglichen Folgen steht das Wohl des Kindes. Wird der Nachwuchs mithilfe einer künstlichen Befruchtung gezeugt, und willigt der Lebensgefährte in diesen Vorgang ein, so ist dieser bei Geburt zum Unterhalt für das Kind verpflichtet. Schließlich ist die künstliche Befruchtung mindestens so kopfgesteuert wie die natürliche – und schon da hatte der Bundesgerichtshof vor Jahren entschieden, dass Eltern dem Kind gegenüber in der Haftung sind. Schließlich werde beim „Geschlechtsverkehr nicht nur das sexuelle Bedürfnis“ gestillt, sondern Mann und Frau haben das Entstehen von Leben zu verantworten. Doch auch wenn der Grundsatz klar ist – gestritten wird vor Gericht immer wieder.

 

Unterschriften waren gefälscht

Am Mittwoch nun hat das Münchner Landgericht die Klage eines Mannes abgewiesen, der keinen Unterhalt bezahlen wollte, sondern dies von den behandelten Ärzten verlangt hatte. Gemeinsam mit seiner Frau hatte er die künstliche Befruchtung eingeleitet, dann ging die Ehe in die Brüche. Die Frau ließ sich gleichwohl die befruchteten Eizellen einsetzen – und fälschte dazu die Unterschrift ihres Mannes, wofür sie in einem Strafprozess bereits verurteilt wurde. Der Mann hat der Praxis Schlamperei vorgeworfen, konnte letztlich aber nicht beweisen, dass er die Einwilligung wirksam widerrufen hatte. Immerhin: Das – noch nicht rechtskräftige – Münchner Urteil legt den Eindruck nahe, dass so ein Widerruf überhaupt möglich ist. Das war bisher unklar.

63000 Frauen im Jahr behandelt

Ein Massenphänomen scheinen gefälschte Unterschriften bei künstlichen Befruchtungen nicht zu sein. Im Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren sind mehr als 130 Einrichtungen zusammengeschlossen, im Jahr 2016 wurden dort fast 63 000 Frauen in vergleichbarer Art wie im Münchner Fall behandelt. „So gut wie nie“ seien Fälle mit gefälschten Signaturen zu beklagen, sagt Ulrich Hilland, der Vorsitzende des Verbandes. Im aktuellen Verfahren hatte der Richter den Eltern bereits geraten, die „menschliche Größe“ zu haben, die Angelegenheit um des Kindes willen zu regeln, denn das könne nichts dafür. Es ist inzwischen drei Jahre alt.