Nicht nur Schüler, auch Lehrer benutzen immer häufiger KI. Die Schulbuchverlage stellen dafür viele Tools zur Verfügung – zum Beispiel Korrektur-Assistenten.

Familie/Bildung/Soziales: Alexandra Kratz (atz)

Die Zahlen sprechen für sich. Etwa 81 Prozent der Lernenden und 79 Prozent der Lehrenden nutzen inzwischen im Schulalltag Künstliche Intelligenz (KI), so eine repräsentative Online-Umfrage des Berliner Verlags Cornelsen. „Die Distanz zum Thema KI ist sehr schnell sehr klein geworden“, sagt Sandra Hestermann, Business Lead AI bei Cornelsen und ergänzt: „Damit verändert sich nicht nur die Hausaufgaben- und Prüfungskultur, sondern das gesamte Schulwesen.“ Auch die Schulbuchverlage müssen auf diese Entwicklung reagieren und stellen zunehmend KI-Anwendungen für Lehrkräfte und die Schülerschaft zur Verfügung. Diese sollen die Lehrkraft nicht ersetzen und das Lernen nicht überflüssig machen, sondern im Gegenteil „Freiräume für die Beziehungsebene schaffen, für das Lehren und Erlernen sozialer Kompetenzen“, sagt Sandra Hestermann. Es gehe um die Entlastung des Personals, aber auch darum, Schülerinnen und Schüler individueller zu fördern.

 

Cornelsen stellt auf der Didacta seine KI-Toolbox vor

Cornelsen hat eine eigene KI-Abteilung gegründet und im Februar auf der Bildungsmesse Didacta in Stuttgart seine KI-Toolbox vorgestellt. Diese beinhaltet einen Material-Designer, der Material auf unterschiedlichen Differenzierungsstufen erstellt. Weitere KI-Tools helfen bei der Unterrichtsplanung oder der Organisation von Elterngesprächen. Cornelsen bietet auch einen KI-Korrektur-Assistenten an. „Eine Klassenarbeit hat auch die Funktion, den Lernprozess zu begleiten“, sagt Sandra Hestermann. Doch wenn die Korrektur der Klausur zu lange dauere, komme das Feedback zu spät und nütze dem Lernenden nichts mehr. Der KI-Korrektur-Assistent vergibt keine Noten – das darf er nicht. Aber er kann den Schüleraufsatz mit dem Erwartungshorizont abgleichen und Rückmeldung zu den Themen Rechtschreibung, Grammatik, Ausdruck und Inhalt geben. Dank Handschriftenerkennung können Texte als Fotos hochgeladen und dann anonymisiert ausgewertet werden.

Noch in Arbeit ist der KI-Lernhelfer. Mit diesem Tool können Lehrkräfte für ihre Klassen sichere KI-Chats zu ausgewählten Themen bereit stellen. Dabei werden von den Kindern und Jugendlichen keine persönliche Daten erfasst. Sie können in einem geschützten Raum lernen, kompetent mit KI umzugehen. Der Schulbuchverlag hat viele positive Rückmeldungen zu seinem noch im Test befindlichen KI-Lernhelfer bekommen. „Die Lernenden nutzen den Tutor gerne. Er beantwortet jede Frage, erklärt jedes Thema noch einmal und verliert nie die Geduld“, sagt Sandra Hestermann.

Klett wirbt mit „bisher einzigartiger“ Mathe-Lernplattform

Beim Klett-Verlag in Stuttgart ist das Thema KI „in den vergangenen zwei Jahren so schnell vorangeschritten und so tief diskutiert worden wie kein anderes Thema“, sagt der Geschäftsführer Maximilian Schulyok. Wichtig sei aus Sicht seines Verlags, die KI-Anwendungen „direkt in den Bildungsmedien zu verbauen“. Bisher einzigartig sei die Mathe-Lernplattform „Klett Studyly“. Sie arbeitet mit den Aufgaben und Lösungen aus den Klett-Mathebüchern und soll dabei helfen, jedem Schüler passende Aufgaben zuzuweisen. Die Lösungen können dann gemeinsam mit der KI erarbeitet werden – bestenfalls so, dass der Schüler sie auch versteht.

Für das Fach Deutsch hat Klett den Lautlesetutor „Laletu“ entwickelt. Er hilft Grundschulkindern beim Lesenlernen, erkennt systematisch Fehler und gibt Feedback. So kann die Lehrkraft die Lesefähigkeit der einzelnen Kinder besser einschätzen und differenziert fördern. Zudem soll ein spielerisches Belohnungssystem beim Kind die Lust am Lesen wecken. Auch um Fremdsprachen zu lernen, hat Klett einiges im Angebot. Zum Beispiel ein Aussprachetraining, das die Aussprache der Schüler analysiert und direkt Feedback gibt. Mit dem Dialogtraining können passend zu den Inhalten des Schulbuchs Gespräche mit einem Avatar geführt werden.

KI kann Schülerinnen und Schülern beim Lernen an die Hand nehmen. Foto: dpa/Axel Heimken

Auch Klett stellt einen KI-Chat für Lehrkräfte zur Verfügung, der diese bei der Unterrichtsvorbereitung unterstützt – zum Beispiel, indem er passende Materialien zusammenstellt. „Wir wollen guten Unterricht ermöglichen“, sagt Maximilian Schulyok. Von den Lehrkräften bekomme man unterschiedliche Rückmeldungen. „Manche sind schon ganz tief drin im Thema, andere haben noch wenig Erfahrung mit KI“, sagt der Geschäftsführer und ergänzt: „Wir bewerten da nicht. Unser Ziel ist es, einen niederschwelligen Zugang zu ermöglichen.“

Westermann geht mit neuer Bi-Box an den Start

Ganz ähnliche Erfahrungen hat der Braunschweiger Schulbuchverlag Westermann gemacht. Zunächst habe es auch Skepsis gegenüber der KI gegeben, sagt Christian Bass. Er ist Projektmanager Key-Account-Digital und ergänzt: „Mittlerweile sehen viele aber auch die Vorteile: KI kann Zeit sparen und Freiräume für Kreativität öffnen.“ Kolja Brandstedt, Projektleiter Qualifizierung und Fortbildung, fügt hinzu: „Es wird eine Welt mit KI geben. Wir brauchen mündige Bürgerinnen und Bürger, die damit umgehen können.“

Westermann will pünktlich zum neuen Schuljahr mit einer neuen Bi-Box an den Start gehen und hat diese im Februar in Stuttgart auf der Didacta schon einmal vorgestellt. Die Abkürzung steht schlicht für „Bildungs-Box“ und umfasst bisher vor allem digitale Werkzeuge für die Unterrichtsvorbereitung und Materialzusammenstellung. Künftig wird die Bi-Box auch verschiedene KI-Anwendungen enthalten. So zum Beispiel eine KI-Korrekturhilfe. Diese macht Feedback-Vorschläge zu Antworten und Texten, die Schülerinnen und Schüler vorher digital eingereicht haben. Ebenso wie mit den KI-Tools von Cornelsen und Klett können Lehrkräfte dann auch über die Bi-Box mit Hilfe von KI Aufgaben erstellen und für verschiedene Niveaustufen anpassen. Die Westermann-KI entwickelt auf Wunsch Musterlösungen zu diesen Aufgaben. „Wir sehen eine hohe Verantwortung, das alles gut hinzubekommen“, sagt Christian Bass.