Bei dem Künzelsauer Befestigungsspezialisten Würth bekommen die Mitarbeiter mehr Mitspracherechte. Statt eines Vertrauensrates gibt es künftig einen Betriebsrat.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Künzelsau - Die Muttergesellschaft der Künzelsauer Würth-Gruppe bekommt erstmals einen Betriebsrat. Nachdem sie bisher fast jedes Jahr einen Umsatzplus verkünden konnte, steht nun doch eine Zäsur bevor – nicht beim Wachstum, wohl aber bei der Mitwirkung der Beschäftigten. Am 3. Juni soll auf einer Betriebsversammlung ein Wahlvorstand gewählt werden, der die Betriebsratswahl organisiert. Nach 36 Jahren geht damit die Zeit des bisherigen „Vertrauensrates“ zu Ende.

 

Uwe Bauer, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Schwäbisch Hall sagte unserer Zeitung, es sei „zu begrüßen, dass es nun einen Betriebsrat gibt“. Dieser habe im im Gegensatz zum bisherigen Vertrauensrat gesetzliche Mitwirkungsrechte. Der Vertrauensrat sei dagegen auf das Wohlwollen der Geschäftsführung angewiesen gewesen. Schon seit einem dreiviertel Jahr sei die IG Metall mit Flugblättern im Logistikbereich der Muttergesellschaft Adolf Würth GmbH & Co. KG mit ihren 7200 Mitarbeitern aktiv gewesen und habe dort auch Mitglieder gewonnen.

Ein Betriebsrat könne durchaus zum Erfolg des Unternehmens beitragen, meinte Bauer. „Alle erfolgreichen Unternehmen haben einen Betriebsrat“, meinte der Schwäbisch Haller IG-Metall-Chef. Ob zu einer inzwischen aktiv gewordenen zweiten Gruppe von Mitarbeitern, die sich für einen Betriebsrat einsetzt, auch Mitglieder der IG Metall gehören, wollte Bauer nicht sagen. Ähnlich wie der Sprecher der Konzernführung, Robert Friedmann, wies auch Bauer darauf hin, bei einer ganzen Reihe von Tochtergesellschaften gebe es bereits Betriebsräte.

Eigentümerfamilie Würth steht zu 100 Prozent hinter der Gründung

Nach den Angaben von Friedmann steht die Eigentümerfamilie Würth „zu 100 Prozent“ hinter der Gründung eines Betriebsrats. Daniel Hurlebaus, der Initiator einer ersten Gruppe, die sich ebenfalls für einen Betriebsrat einsetzt, wurde vom Unternehmen wegen des Vorwurfs von Verstößen gegen den Datenschutz entlassen. Hurlebaus, der im badischen Ortenaukreis Schatzmeister der AfD ist, hat dagegen geklagt. Der Streit ist gerichtlich jedoch noch nicht entschieden.

Im laufenden Jahr will die Würth-Gruppe ihren Umsatz nach den Worten von Friedmann im mittleren einstelligen Bereich steigern. Bis Ende April sei gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus um etwas mehr als sieben Prozent erreicht worden. Das Ergebnis sei allerdings etwas zurückgegangen, da hohe Preise für Öl oder Rohstoffe wie Kupfer nicht an die Kunden weitergegeben werden konnten, erklärte Friedmann. Der Sprecher der Konzernführung zeigte sich jedoch zuversichtlich, das Ergebnis im Gesamtjahr steigern zu können.

Elektrogroßhandel ist der am schnellsten wachsende Bereich

Würth handelt unter anderem mit Schrauben und Elektrowerkzeugen, ist zunehmend aber auch selbst als Produzent aktiv. Zudem sieht sich die Gruppe als einer der größten Elektrogroßhändler in Deutschland. Dieser Bereich profitiert von der guten Baukonjunktur. „Der Elektrogroßhandel wird auch in diesem Jahr unser am schnellsten wachsender Bereich“, sagte Friedmann.

Im Automotivebereich spüre das Unternehmen bei der Elektronik dagegen eine gewisse Zurückhaltung. Er rechne aber damit, dass dieser Bereich im Laufe des zweiten Halbjahres wieder stärker zulegen könne. Ein Joint-venture im chinesischen Shenzen, das Akkus herstellt, habe inzwischen seinen Betrieb aufgenommen. Damit sollen künftig alle Elektrowerkzeuge von Würth mit einem einheitlichen Akku betrieben werden können. Noch im Mai rechnet das Unternehmen mit der Zulassung einer neuen Art von Schrauben, mit denen Brücken saniert werden können. Die Zahl der Mitarbeiter soll 2019 um 3000 steigen.

Bereits im vergangenen Jahr war die Zahl der Mitarbeiter um rund 2900 auf 74 160 gestiegen. Der Umsatz wuchs 2018 um etwas mehr als sieben Prozent auf 13,6 Milliarden Euro. Wichtigster Einzelmarkt war Deutschland mit einem Umsatzanteil von 42 Prozent. Das Betriebsergebnis erhöhte sich von 780 Millionen Euro auf 870 Millionen Euro. Das ist der höchste Wert in der Geschichte des Unternehmens.