Kürbisse haben nicht nur wegen Halloween Hochsaison. Das Gemüse ist ein Verwandter der Gurke und lässt sich in der Küche vielseitig verarbeiten: zu Suppe, aber auch als Relish und Maultaschenfüllung.

Fellbach - Rechtzeitig zum Fest der Spukgestalten am 31. Oktober wurde im New Yorker Stadtteil Bronx vor wenigen Tagen der schwerste Kürbis aller Zeiten vorgestellt. 1071 Kilogramm brachte das Monstrum auf die Waage, war höher als ein Mensch und sah mit seinen Überproportionen so aus wie aus einem Märchenfilm.

 

Klaus Bauerle kann über solchen Gigantismus nur müde schmunzeln. „Mal ehrlich: Großartig nach was schmecken kann der bei dieser Größe nicht mehr.“ Seit 1982 bestellt er das Schmidener Feld bei Fellbach, anfangs mit Spargel, bald darauf mit Beeren, seit rund 25 Jahren neben vielen anderen Erzeugnissen auch mit dem Halloween-Gewächs – übrigens eine Beere, wer es genau wissen will. „Damals waren wir hier in der Region unter den ersten, die Kürbisse anbauten.“ Früh merkte Bauerle: Dieses Gewächs braucht viel Wasser, ist mehltauanfällig und schmeckt auch Mäusen ausgezeichnet. „Dennoch ist er immer noch relativ einfach – im Vergleich zu anderen Gemüsen“, legt er dar.

Anfangs waren vor allem klassische Sorten wie Rocket gefragt, die wohl jeder mit der Halloween-Fratze verbindet, dazu ein paar Zierkürbisse, fertig. Dabei ist der Kürbis ein gesundes, leckeres, buntes Multitalent. Und das nicht nur in der Küche. In Afrika wird der eng mit der Gurke verwandte Bodenschatz zum Beispiel gern mal als perkussives Instrument genutzt.

68 215 Tonnen wurden 2015 geerntet

Hierzulande begann der Kürbis seinen Siegeszug erst, welch Wunder, als bekannt wurde, wie kalorienarm und schmackhaft er ist. Das hat auch Bauerle zu einem emsigen Kürbisbauern gemacht. Im Remstal ist er längst nicht mehr der einzige, der das mit Kolumbus aus der neuen Welt angereiste Gewächs kultiviert und verkauft; mit der Begeisterung für das irische Fest All Hallows Eve am Vorabend vor Allerheiligen, das in Amerika zum Kinderspaß wurde, schwappte der Kürbis im Beisein von jeder Menge Kunstblut, Reißzähnen aus Plastik und Dracula-Kostümen auch nach Deutschland. „Der ganz große Trend hatte vor ungefähr zehn Jahren seinen Höhepunkt erreicht“, weiß Bauerle. Auf dem Wochenmarkt ist davon nichts zu spüren, in allen Farben, Formen und Größen türmen sich hier die Gewächse. 2015 wurden 68 215 Tonnen Kürbis geerntet, 2006 waren es noch 41 100 Tonnen. „Vielleicht gibt es mittlerweile auch einfach zu viele Anbieter“, zuckt Bauerle mit den Schultern.

Mehr als hundert Sorten hat er im Angebot, der Renner sind auch bei ihm Butternut und Hokkaido. Sternekoch Michael Oettinger vom gleichnamigen Restaurant in Fellbach kann das gut verstehen. „Am Hokkaido ist toll, dass man ihn mit seiner leuchtend orangen Schale verarbeiten kann“, stellt er fest, „am liebsten mag ich aber den Butternut.“ Das ist der, der so aussieht wie eine Birne und ziemlich stärkehaltig ist. „Aus dem oberen flachen Butternut-Teil mache ich gern Kürbisnudeln in einem süßsauren Sud“, so Oettinger. Für ihn ist der Kürbis ein Ausnahmegemüse, eines, das bei seinen Kinderkochkursen von jedem der Teilnehmer erkannt wird.

Bei Michael Oettinger gibt es Kürbis in vielen Varianten

Der Kürbis ist aber auch dankbar in der Küche, wie der Sternekoch beschreibt: „Er ist sehr facettenreich, passt wunderbar zu Gewürzen wie Curry oder zu Ingwer. Zudem ist er sehr nahrhaft und schnell zubereitet: Kürbis klein schneiden, auf ein Salzbett legen, in den Ofen schieben, fertig.“ In seinem Gourmetrestaurant hat Oettinger den Kürbis in raffinierteren Varianten auf der Speisekarte: Zander mit Alblinsen oder Kürbiswürfeln etwa oder als Wildkräutersalat mit drei verschiedenen Kürbisbeigaben. Regional wie es sich für ein solches Restaurant gehört, bezieht Oettinger seinen Kürbis von Familie Kauffmann aus Schmiden – und lässt sich deren Butternut-Ernte für sein Restaurant reservieren.

In der Speisekammer West mit gehoben-schwäbischer Küche darf der Kürbis im Herbst ebenfalls nicht fehlen. Obwohl es etwa den Hokkaido mittlerweile fast ganzjährig im Handel gibt, mag Inhaberin Dorit Münzer-Bock neben der Regionalität vor allem die Saisonalität. „Man kann immer mit neuer Vorfreude in die jeweilige Saison starten, was den Genuss definitiv vergrößert“, findet sie. Neben der obligatorischen Kürbissuppe kann man bei ihr derzeit handgemachte Kürbisravioli genießen, zubereitet mit ihrem Liebling, dem Hokkaido. „Er ist wunderbar aromatisch und außerdem einfach zu verarbeiten.“

Ihr Kürbis kommt vom Käsmacher aus Weil im Schönbuch, aus einem ursprünglich in Amerika beheimateten Gemüse ist längst ein heimisches Produkt geworden – und das ist viel zu schade, um nur als Fratze in unseren Vorgärten zu vergammeln.

Der Sternekoch Michael Oettinger und sein exklusives Kürbisrezept

Zutaten
1 Butternut-Kürbis (1,2 kg), 2 kleine Zwiebeln, 0,3 l Olivenöl, 2 TL Kardamom, 2 TL Kreuzkümmel, 5 Limetten, 3 EL Ahornsirup, 80 g Pinienkerne, 60 g Kürbiskerne, Salz, Zucker, Cayennepfeffer zum Abschmecken, Öl zum Anbraten.

Zubereitung
Zwiebeln und Kürbis schälen und in walnussgroße Stücke schneiden. In einem Topf mit Pflanzenöl anschwitzen und mit Zucker und Salz würzen, so dass der Kürbis im eigenen Saft dünstet. Den Topf abdecken und die Kürbisstücke garen, bis sie bissfest sind. Den Deckel abnehmen und die Flüssigkeit komplett einkochen lassen. Die abgekühlte Masse nun durch den Fleischwolf drehen oder fein zerkleinern. Im Anschluss ein Drittel der Masse mit Kreuzkümmel, Kardamom und 0,15 l Olivenöl fein pürieren. Die restliche Masse unterheben. Anschließend mit Ahornsirup, Limettensaft und restlichem Olivenöl abschmecken. Die gerösteten Kürbis- und Pinienkerne hacken und hinzugeben, dann nochmals mit Pfeffer abschmecken. Das Relish sollte leicht ölig sein und kann im Kühlschrank aufbewahrt werden.